«Widmet euch den wirklich entscheidenden Fragen»

Von Andrea Keller, 11. Dezember 2023

Coach und Markenberater Rolando Baron ist überzeugt: Beim Schritt in die Selbständigkeit sind nicht die Jahre auf dem Buckel entscheidend. Was zählt, ist der Geist in der Birne. Ein Gespräch über das Denken als Pflichtaufgabe, das lodernde feu sacré und Marken mit Persönlichkeit.

Rolando, danke, dass du dir die Zeit nimmst für diesen Austausch. Du bist ein Mensch, der dafür trommelt, tiefer zu denken. Wie schafft man das denn, wenn der Workload sehr hoch ist, die Pendenzen drängen?

Denken ist eine Pflichtaufgabe – vor allem, wenn man beratend tätig ist und Expertenwissen verkauft. Darum macht es schon Sinn, sein Oberstübchen intensiv zu gebrauchen, besonderes in der Wissensökonomie. Doch ich gebe zu: Denkfaulheit hat durchaus seine Vorteile. So habe ich oft erlebt, dass sich Unternehmen lieber im täglichen Kleinklein verlieren, um so den wichtigen Dingen auszuweichen. Kurzfristig mag das funktionieren. Aber langfristig? Hier habe ich meine Zweifel, ob die Flucht in die operative Hektik das profunde Denken ersetzen kann.

Bei deinem eigenen beruflichen Weg gab es schon folgende Stationen: Kunsthistoriker, Werber, Lehrer, GL-Mitglied einer Online-Agentur, Texter, Business-Coach, Markenberater. Wenn du dir nun eine weitere frei dazu fantasieren könntest, welche fändest du spannend und warum?

Perlentaucher! Oder intellektuelles Trüffelschwein. Aber gut – bei RAV sind beide Berufsfelder leider nicht vorhanden, weshalb ich wohl bei meiner aktuellen Tätigkeit bleiben muss. 

Was hältst du von Träumen, die sich nie erfüllen?

Gegenfrage: Was wäre, wenn sich alle Träume erfüllen würden? Wäre das nicht eine sehr phantasielose und hoffnungslose Welt – so ganz ohne Visionen und grosse Ambitionen? Darum, liebe Feen und Zaubergeister: Bitte bei mir vorbeifliegen und das perfekte Glück jemand anders zukommen lassen.

Als Business-Coach begleitest du Menschen, die mit dem Gedanken spielen, sich selbständig zu machen. Wann ist der Schritt in die Selbständigkeit eine gute Idee? Und wann droht ein böses Erwachen?

Eine gute Frage, die eigentlich nur individuell beantwortet werden kann. Aber was ich immer wieder beobachte: Es sind nicht die fachlichen Kompetenzen, die über den Erfolg entscheiden, sondern vor allem die überfachlichen Fähigkeiten, die für den Schritt in die Selbständigkeit entscheidend sind. Dazu beispielsweise Self-Management, Frustrationstoleranz und Eigenmotivation. Anders gesagt: Ohne feu sacré geht es nicht. Doch hier ist nicht das Zündhölzchen entscheidend, sondern der Holzvorrat, der garantiert, dass die eigene Flamme auch morgen und übermorgen noch flackert.

Welche Beobachtungen hast du gerade bei älteren Jungunternehmer:innen machen können?

Jungunternehmer:innen sind immer jung – egal, ob mit 17 oder 77. Ich weigere mich also standhaft, Menschen aufgrund ihres Alters irgendwelchen Kategorien zuzuordnen. Doch wenn wir Menschen schon unterteilen möchten, dann bitte in folgende zwei Gruppen: In Unternehmer:innen. Und in Unterlasser:innen. Eine Unterteilung, die nichts mit den Jahren auf dem Buckel, sondern etwas mit dem Geist in der Birne zu tun hat. Und eine Unterscheidung die beschriebt, wo es darauf wirklich ankommt: Auf Dynamik, Agilität und Zielorientierung, zum Beispiel.

Darf ich fragen: Welche Erkenntnisse verbindest du ganz generell mit dem Älterwerden in Verbindung mit Arbeit?

Souveräne Gelassenheit – das ist das Atout, welches erfahrene Silberrücken bieten können. Eine Souveränität, die uns erkennen lässt, was wirklich wichtig ist. Und eine Gelassenheit, die im besten Fall zu einer fokussierten Dynamik führt – zielgerichtet im Vorgehen und freundlich im Tonfall. Aber gut: Diese Souveränität können natürlich auch junge Menschen haben. Zum Beispiel meine Tochter und die ist 21.

An den ehemaligen Werber und raffinierten Texter in dir: Was wäre ein guter Slogan für berufliche Entwicklung ab Mitte 40? (Und keine Sorge: Sollten wir den dann irgendwann ausserhalb dieses Interviews verwenden, gibt’s Kohle dafür)

Vielleicht «aus Erfahrung besser»? Allerdings würde ich dazu raten, nicht das Alter in den Mittelpunkt zu stellen, sondern das eigene Nutzenversprechen. Und ob dieser Nutzen die vergangen Lenze sind, müsste man noch diskutieren.

Verrate uns etwas über überzeugendes Marketing, das viele nicht wissen.

Die wichtigste Botschaft: Hört auf, in Kanälen, Tools und Quick-Wins zu denken, und widmet euch den wirklich entscheidenden Fragen. Eine dieser Fragen lautet zum Beispiel: «Was würde der Welt fehlen, wenn es ihr Unternehmen nicht geben würde?». Wer diese Frage beantworten kann, hat schon halb gewonnen, und kann sich anschliessend gerne den Kanälen und Tools zuwenden.

Könnte man sagen, dass eine erfolgreiche Marke und ein erfolgreicher Mensch dieselben Grundmerkmale mitbringen? Welche sind das?

Ja, das kann man sagen, und man spricht ja auch bei Marken von ihrer «Persönlichkeit». Allerdings: Marken sind immer künstliche Konstrukte, die ein bestimmtes Ziel verfolgen – ein Verkaufsziel nämlich. Das trifft auf Menschen hoffentlich nicht zu, weshalb der Umkehrschluss etwas deplatziert wäre: Dass nämlich auch Menschen Marken sein sollen.

Zu guter Letzt: Ende November durften wir uns beim Loopings Stammtisch für Selbständige über einen Input von dir freuen. Was haben die, die nicht dabei waren, verpasst?

Hm… vielleicht ein paar Tipps, wie man einen strahlenden Leuchtturm aufbaut. Und damit eine starke Marke.

Wie und wo kann man sich melden, wenn man mehr über das Bauen strahlender Leuchttürme erfahren will?

Ganz einfach: Auf meiner Webseite gibt ein Terminbuchungs-Tool, über das man unkompliziert ein Erstgespräch buchen kann. Dieses Gespräch ist gratis, aber garantiert nicht umsonst!

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