Mikrokredite für Neustarter

Von Bernadette Höller, 23. Januar 2019

Nadine Caprez studierte Betriebswirtschaftslehre, hat von 2003 bis 2006 mal eben den eigenen Familienbetrieb saniert, nebenher ein Start-up im Bereich Smarthome (spline.ch) gegründet und engagiert sich als Geschäftsführerin des Verein GO! für die Realisierung von guten Ideen – Der Verein berät Menschen, die sich selbständig machen möchten oder es schon sind und unterstützt mit Mikrokrediten bis zu CHF 40 000.-

So wie sich ein Wandel in unserer Arbeitswelt weg von stark repetitiven und deswegen wenig attraktiven Aufgaben hin zu kreativen und schöpferischen Gestaltungsaufgaben wandelt, so verliert auch der Ansatz eines rein finanziell geprägten Vergütungssystems seine Wirkung. Denn wenn hohe Vergütung der einzige Grund ist, in einem Unternehmen tätig zu sein und zu bleiben, dann ist die Verbundenheit von Mitarbeitern ausschliesslich auf finanzielle Motive ausgerichtet. Was nichts anderes bedeutet, dass sobald ein anderer Arbeitgeber einen höheren Preis zahlt, der Mitarbeiter dann zu diesem anderen Arbeitgeber wechselt. In letzter Konsequenz ist «das Finanzielle»- auch aus Sicht des Arbeitgebers – also keine wirklich verlässliche Grundlage für eine starke Beziehung und Verbundenheit zum Unternehmen.

Neue Arbeit, neue Vergütungssysteme

Schon aus diesen Gründen, aber auch weil sich unsere bisher eher tradierten Arbeitgeber-Arbeitnehmer-Beziehungen aufgrund veränderter Rollen weiterentwickeln und gleichzeitig vermehrt unterschiedliche individuelle Wünsche und Forderungen bedient werden dürften, bedarf es weiterer vielfältigerer Lösungen für das Thema Vergütung.

Neue Arbeit fordert dies konsequenterweise ein! Wir können nicht über Augenhöhe, Auflösung von Arbeitsorten, flexible Arbeitszeiten, anspruchsvolle Arbeitsaufgaben sprechen und dabei die Vergütung so lassen, wie sie ist. Es sind weitere «Währungen» gefragt, die notwendig sind, um Agilität und Selbstorganisation zu fördern als auch gleichzeitig verschiedene wertvolle Typen von Arbeitnehmern attraktiv zu bezahlen.

Um solche Mitarbeiter bzw. Challenge-Partner zu finden, die auch über die Fähigkeit verfügen, mit den modernen agilen Arbeitsformen positiv motiviert umgehen zu können, sind die in den Unternehmen jeweils bestehenden Vergütungssysteme ein entscheidender Schlüsselfaktor. Es erweisen sich solche Vergütungssysteme als überlegen, welche in der Lage sind, sich gleichermassen an den individuellen Bedürfnissen der Mitarbeiter und des Unternehmens auszurichten und diese Bedürfnisse zu erfüllen.

Vergütungssysteme als strategisches Instrument

So sind Vergütungssysteme zunehmend strategische Instrumente, um Arbeitnehmer zu kreativen Mitgestaltern zu motivieren und sie – gerade in Zeiten des Fachkräftemangels – emotional an Unternehmen zu binden. Dabei passt nicht jedes System auch zu jedem Unternehmen.

In der Vergangenheit standen hier vor allem monetäre Vergütungssysteme, allen voran klassische tarifliche Systeme, im Vordergrund. Diese Vergütungssysteme ordnen sich vornehmlich nach drei Bestimmungsfaktoren:

  • leistungsbezogen

  • soziale Umstände

  • erfolgsabhängig

Die vom Mitarbeiter erbrachte individuelle Arbeitsleistung – quantitativ und qualitativ – ist in diesen Systemen Grundlage für eine leistungsbezogene Zahlung. Soziale Umstände sind z.B. Alter, Anzahl der Kinder oder Familienstand. Bei einer erfolgsabhängigen Bezahlung steht häufig der Erfolg des gesamten Unternehmens und nicht nur der des Einzelnen im Vordergrund. Beispiele sind hier Gewinnbeteiligungsmodelle oder Aktienoptionsprogramme.

Angesichts sich verändernder Arbeitsabläufe durch die Digitalisierung und neuer Ansprüche von Beschäftigten denken viele Unternehmen über grundlegende Veränderungen und auch Anpassungen von Vergütung nach.

In einer neuen Arbeitswelt wird daher der Fokus auf den richtigen Rahmenbedingungen liegen müssen, der Mitarbeitern die beste Leistung als auch die beste Zusammenarbeit ermöglicht und diese fördert.

Zukünftig brauchen wir in Unternehmen daher verstärkt Systeme, die einerseits die individuellen Bedürfnisse von Mitarbeitern erfüllen und zum anderen aber auch die betriebswirtschaftlichen Notwendigkeiten des Unternehmens sichern.

Das alles eröffnet die Chance, nicht nur den Blick auf die «neuen Wünsche» der Beschäftigten zu erweitern, sondern hier insbesondere auch andere, vor allem nicht-monetäre Anreize stärker in den Fokus zu bringen, die diesen Wünschen gerecht werden können. Es bedarf daher der richtigen Mischung aus monetären und nicht-monetären Komponenten, die aktuelle Bedürfnisse und Notwendigkeiten treffen.

Was ist nun die richtige Mischung?

Diese exakt zu finden wird wohl nicht mehr pauschal für jedes Unternehmen gleich zu beantworten sein, sondern je nach Mitarbeitertypus und dessen Wünschen abhängen.

Für Unternehmen bedeutet dies, wesentlich flexibler zu werden, was ihre Vergütungssystematiken anbelangt. Dabei haben Faktoren, die vor allem keine direkten Gehaltsbestandteile sind, gegenwärtig einen enormen Einfluss auf die Entscheidung von Arbeitnehmern zu welchem Arbeitgeber sie gehen bzw. bei welchem sie auch bleiben.

Insofern bieten sich hier für Unternehmen gerade jetzt neue Chancen, Mitarbeitern Vorteile zu gewähren – also eine Art Währung – die auf die Organisationsgestaltung, bestimmte Arbeitsweisen und besondere Formen der Zusammenarbeit bzw. auch kulturelle Faktoren zurückzuführen sind. Das können agiles Arbeiten, mobiles Arbeiten, Innovationslabs, selbstorganisierte Teams, NewPay, flexible Arbeitszeiten, Arbeitszeitautonomie etc. sein. Es handelt sich also um Vorteile, die man sich mit Geld nicht kaufen kann, die aber dafür entscheidend sein können, ob sich ein Mitarbeiter im Unternehmen wohl fühlt.

Wird das Gehalt bald nicht mehr nach Leistung und sozialer Situation bestimmt?

Eine eindeutige Antwort hierauf gibt es nicht. Klar ist, dass ein attraktives Gehalt mit das wichtigste Kriterium für Mitarbeiter ist, sich für einen Arbeitgeber zu entscheiden. So auch das Ergebnis einer jüngst von Stepstone erhobenen Befragung von Fach- und Führungskräften in Deutschland. Gleichwohl sagten in der gleichen Studie sieben von zehn Arbeitnehmern, dass für sie auch attraktive Zusatzleistungen beziehungsweise Vergütungsbestandteile in Form von Sachbezügen eine wichtige Rolle bei der Wahl des Arbeitsplatzes spielen.

Attraktive Arbeitsbedingungen sind heute mehr denn je wesentlich für Innovationskraft und Anpassungsfähigkeit und bilden die Grundlage für Unternehmen, um überhaupt die richtigen Mitarbeiter zu finden. Doch sie sind keine Garantie, dass genau die Mitarbeiter, auf die Unternehmen entscheidend angewiesen sind, geworben werden können und auch bleiben. Der zukünftige Arbeitsmarkt gibt es her, dass sich gefragte Mitarbeiter ihren Arbeitgeber werden aussuchen können.

Wollen Unternehmen also zukunftsfähig werden oder bleiben, setzt dies eine genaue Kenntnis der Wünsche und Ansprüche der Mitarbeiter voraus, um diese für sich zu überzeugen und nachhaltig zu gewinnen. Es wird daher nicht (mehr) «die eine richtige Lösung» geben, sondern vielmehr bedarf es Vergütungssystemen mit verschiedenen beziehungsweise multiplen Vergütungsangeboten, die hier den vielfältigen unterschiedlichen Begehren und Ansprüchen gerecht werden.

Verein GO! Mikrokredite auf der Loopings Landkarte

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