Finanzplanung für Neustarter

Von Britta Redmann, 12. Dezember 2017

Finanziell gibt es so Einiges zu beachten, wenn man mit 50+ sein Berufsleben umkrempeln und selbstständig werden möchte. Wir haben den Finanzplaner Gabor Gaspar unter anderem gefragt, wie das mit der Pensionskasse funktioniert, auf welche Punkte man Acht geben sollte und wann man mit der Finanzplanung beginnen sollte.

Sie sind als Finanzplaner tätig. Können Sie uns mehr darüber erzählen?

Ich arbeite seit über 12 Jahren bei der ATG Allfinanz & Treuhand Group AG. Und vor rund 4.5 Jahren wurde ich dann zum Teilhaber. Aktuell sind wir drei gleichberechtigte Teilhaber.

Die Firma wurde im Jahr 1999 durch Herrn René Müller gegründet – mit der Idee, die Finanzplanung und auch die Treuhandtätigkeit miteinander zu verknüpfen. Herr Müller hat den Bereich der Pensionsplanung von Anfang an als wichtig erachtet, weil in diesem Zeitraum die ganzen Entscheidungen, welche in den vorherigen Lebensabschnitten getroffen worden sind, zusammenkommen. Hier erscheint es uns sehr wichtig (damals und heute umso mehr), dass sich die betroffenen Personen frühzeitig und ganzheitlich mit dem Thema auseinandersetzen.

Ab welchem Alter sollte ich mich mit meiner Pensionierung aus rechtlicher und finanzieller Sicht auseinandersetzen?

Meine Erfahrung und Empfehlung ist es, ab dem 50. Lebensjahr eine Gesamtplanung in Angriff zu nehmen. Nicht mit dem Ziel, zu diesem Zeitpunkt alles bis ins letzte Detail festzulegen. Sondern, um im ersten Schritt eine Grundlage zu schaffen, um daraus die Veränderungen und deren Auswirkungen auf die persönliche Situation abzuleiten.

Welche Schritte man in welchem Alter in Angriff nimmt, hängt aber von der jeweiligen Lebenssituation ab. Auf jeden Fall sollte man generell frühzeitig planen und das Geplante dann immer wieder überprüfen; bspw. das Regeln der Erben. Sicher ist es auch so, dass wenn die Kinder aus dem Haus sind, die Möglichkeiten zum Sparen viel grösser sind. Somit muss auch das Vermögenskonzept frühzeitig in Angriff genommen werden, weil dadurch mehr Zeit für den weiteren Aufbau besteht. Aber auch hier gilt, dass es immer wieder im Zusammenhang mit der persönlichen Situation überprüft werden sollte.

Entscheidungen wie Kapitalbezug aus der Pensionskasse oder wann die Säulen 3A ausbezahlt werden sollen, können innerhalb der letzten 5 Jahre vor der ordentlichen Pension getroffen werden. Sicher ist es aber auch hier von Vorteil, wenn man sich (gerade in Bezug auf den Kapitalbezug) schon ein wenig mit dem Thema auseinandergesetzt hat und nicht einfach nach der aktuellen Börsenstimmung entscheidet.

Worauf muss ich besonders achten, wenn ich pensioniert werde und danach noch unternehmerisch tätig sein möchte? Gibt es Einschränkungen?

Grundsätzlich nicht. Wenn eine Person nach dem ordentlichen Rentenalter eine Firma gründet, muss sie sich z.B. keiner Pensionskasse anschliessen. Es entfallen also gewisse Kosten.

Es kann (muss aber nicht) sinnvoll sein, in der eigenen Firma eine Pensionskassenlösung zu machen, da man so über gewisse Parameter selber entscheiden kann. Eine Möglichkeit ist auch, einen Teilkapitalbezug vorzunehmen, um dieses Geld in die eigene Firma zu investieren. Da muss aber vorausgesetzt sein, dass die Pension nicht gefährdet ist.

Gibt es Tipps und Tricks bezüglich der Steuern, wenn ich im Alter 64/65+ noch erwerbstätig bin?

Hier muss man sicher das Steuerkonzept überprüfen. Beispielsweise der Aufschub der AHV-Rente. Dadurch können die Einkommenssteuern reduziert und die AHV-Rente erhöht werden. Teilkapitalbezug bei der Pensionskasse kann ebenfalls zu einer Einkommenssteuerentlastung beitragen.

Auch kann die Pensionskassenrente aufgeschoben werden. Hier gibt es verschiedene Möglichkeiten, welche vom Reglement der Pensionskasse und dem Arbeitgeber vorgegeben werden.

Wenn Renten und Einkommen zusammenkommen, kann es sinnvoll sein, zu diesem Zeitpunkt die werterhaltenden Massnahmen am Haus durchzuführen, weil dadurch der Steuerspareffekt grösser ist. Dabei sollte man nicht vergessen, weiterhin in die Säule 3A einzuzahlen.

Wer eine Pensionskassenrente bezieht, kann wie ein Selbständigerwerbender 20% seines AHV-Einkommens bis maximal CHF 33’840 einzahlen. Wer noch keine Pensionskassenrente erhält, kann die CHF 6’768 einzahlen (beiden Zahlen gelten auch für das Jahr 2018). Das ist bis zum 70. Lebensjahr möglich. Auch können die bestehenden Konten oder Depots innerhalb der 3A weitergeführt werden oder neue eröffnet werden.

Muss ich, wenn ich nach der Pensionierung noch arbeite, weiterhin AHV- und IV-Beiträge zahlen?

Es gibt einen Freibetrag von CHF 1’400 pro Monat oder CHF 16’800 pro Jahr. Wenn diese Lohnsumme überschritten wird, werden nur auf dem übersteigenden Teil die AHV- und IV-Beiträge abgezogen. Und zwar unabhängig davon, ob man angestellt oder selbstständig ist. Bei den Selbständigen gelten ansonsten die generell bekannten Beitragssätze. Wichtig zu wissen ist jedoch, dass dieser Freibetrag für jede ausgeübte Tätigkeit einzeln gilt.

Kennen Sie Unternehmen, die neue Modelle entwerfen, um ihre Mitarbeiter möglichst lange im Unternehmen zu halten? Oder sehen Sie immer noch viel mehr, dass Anreize zur Frühpensionierung geschaffen werden?

Zurzeit erlebe ich vor allem die Situation, dass die Arbeitgeber es als wichtiger erachten, dass ihre Mitarbeiter das Thema Pensionierung frühzeitig angehen.

Auf der anderen Seite kenne ich Unternehmen, welche ganz bewusst ältere Mitarbeiter anstellen, weil sie die Erfahrung gemacht haben, dass diese Mitarbeiter gegenüber den Jüngeren den grösseren Erfahrungsschatz haben und vor allem auch zielgerichteter Entscheidungen treffen können. Was aber nicht bedeutet, dass ältere Mitarbeiter nicht doch auch zu einer Frühpensionierung animiert werden.

Für mich ist kein klarer Trend in die eine oder andere Richtung ersichtlich. Es kommt wirklich sehr auf das Unternehmen und die Branche an.

Merken Sie einen Trend unter Ihren Klienten und in Ihrem Umfeld zur Auflösung der starren Pensionierungsgrenze?

Nach wie vor gehen über 50 Prozent meiner Kunden mit 64 und 65 Jahren in die Pension. Ich merke aber, dass Möglichkeiten wie eine gleitende Pension, also eine Pension in mehreren Schritten, immer öfter in Betracht gezogen und umgesetzt wird. Auch seitens Arbeitgeber ist das ein gutes Modell, um den Know-how-Verlust schrittweise zu kompensieren.

Auf der anderen Seite gibt es auch durchaus Kunden mit dem Bedürfnis, nach der ordentlichen Pension noch weiterzuarbeiten. Dabei wird vielfach ein reduziertes Pensum gewünscht. Auch Arbeitgeber lassen diesen Wunsch immer öfter verlauten. Hier gibt es dann unterschiedliche Modelle. Einige Kunden verbleiben in der angestellten Position, andere gründen eine Einzelfirma oder sogar eine GmbH oder AG und stellen ihre Dienstleistungen via der eigenen Firma zur Verfügung.

Vielen Dank, Herr Gaspar!

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