Die Hochschule Luzern beschäftigt sich intensiv mit «Generationenmanagement». Dr. Anina Hille, Dozentin und Projektleiterin, gibt Auskunft zu Erkenntnissen und blickt für uns in die HR-Glaskugel.
Die wichtigste Erkenntnis für mich war, dass Arbeitgeber zwar die Wichtigkeit von Generationenmanagement in der grossen Mehrheit erkannt haben, in der Umsetzung aber noch viel Potential besteht. Konkret zeigte das Barometer, dass rund ¾ der befragten Unternehmen (323 KMU und 93 Grossunternehmen in der Schweiz) Generationenmanagement als wichtig einschätzen. Den Hauptnutzen sahen sie darin dem demographischen Wandel zu begegnen und im Vermeiden von Wissensverlust durch Ausscheiden älterer Arbeitnehmenden. Aber: Nur knapp die Hälfte dieser Arbeitgeber fand, dass Wissenstransfer und Kommunikation zwischen den Generationen im Unternehmen auch tatsächlich stattfinden. Dies ist insbesondere erstaunlich, als die grosse Mehrheit der befragten Mitarbeitenden den direkten und offenen Austausch als wichtig betrachten und eine grosse Bereitschaft und Offenheit zur Zusammenarbeit, Wissensweitergabe und Wissensannahme mit jüngeren/älteren besteht. Die Umsetzung von Generationenmanagement hat also Potential!
Es gibt viele weitere spannende Erkenntnisse, diese sind in der Generationenmanagement Studie zusammengefasst. Das Barometer und die Studie resultieren aus einem Projekt der HSLU mit Unterstützung des seco, welches Generationenmanagement als eine Möglichkeit sieht, wie Arbeitgeber dem Fachkräftemangel entgegentreten können. Eine Erkenntnis, die mich persönlich berührt hat, betrifft das Thema Vorurteile. So konnten viele Vorurteile entkräftet werden, wie beispielsweise den Aspekt der hohen Kosten, den Arbeitgeber mit älteren Mitarbeitenden assoziieren. Die Umfrageergebnisse zeigen, dass eine Mehrheit und insbesondere ältere Arbeitnehmende offen sind, dass der Lohn mit steigendem Alter nicht kontinuierlich steigen soll. Klar, sozialversicherungssystembedingt nehmen die Kosten von älteren Mitarbeitenden zu, aber: Die Lohnerwartungen sind bei vielen Mitarbeitenden nicht so, dass der Lohn mit zunehmendem Alter steigen muss.
Die Thematik ist weiter in den Fokus gerückt, insbesondere in Fachkräftemangelbranchen und auch mit der Pensionierungswelle der Babyboomer. Wir erhalten derzeit vermehrt Anfragen von Unternehmen, die Unterstützung auf dem Thema wünschen sowie für den Leitfaden «Generationenmanagement leichtgemacht», eine Publikation die Unternehmen praxisnah mit Knowhow und Best Practice Beispielen unterstützt. Ich denke das spiegelt das Bedürfnis nach Wissensaufbau zur Thematik. Es scheint, dass aktuell nicht nur grundsätzlich das Bewusstsein für das Thema vorhanden ist, sondern dass vermehrt, wenn auch immer noch auf kleiner Flamme, gehandelt wird.
Erstmals ist zu klären, was denn unter Generationenmanagement verstanden wird. Oft wird der Begriff unterschiedlich verwendet. Unter Generationenmanagement, so wie ich es verstehe, wird die Schaffung von optimalen Arbeitsbedingungen für die verschiedenen Generationen der Beschäftigten verstanden, damit diese möglichst ihren vollen Einsatz leisten können. Neben der Berücksichtigung der Präferenzen, Eigenschaften und Erfahrungen der Arbeitnehmenden der verschiedenen Generationen sollen auch der Zusammenarbeit und dabei insbesondere dem Wissenstransfer zwischen den Generationen ein grosser Stellenwert eingeräumt werden.
Elementar ist zudem, dass HR-Verantwortliche die Altersstruktur ihrer Teams kennen und so frühzeitig allfälligen Engpässen entgegenwirken können. Doch das Thema geht weit darüber hinaus.
So scheint mir die Frage «Wie halte ich die Mitarbeitenden arbeitsmarktfähig?» vor dem Hintergrund der aktuell rasch voranschreitenden Digitalisierung für wichtiger denn je. Was kann ich als Arbeitgeber tun, damit ich die Arbeitnehmenden fit halten kann? Was, damit ich sie nicht mit 50 entlassen muss und Ihnen bis zur Pensionierung oder darüber hinaus einen spannenden Job bieten kann und sie gleichzeitig Mehrwert fürs Unternehmen bringen? Wann setze ich mit den Massnahmen hierzu an? Mit dem Barometer haben wir gesehen, dass einige Unternehmen Programme für Mitarbeitende ab 45 haben. Meiner Ansicht nach gehört aber das Thema Erhalt der Arbeitsmarktfähigkeit altersunabhängig in ein jährliches Mitarbeitergespräch, das Thema wird nicht erst ab einem bestimmten Alter relevant.
Dann auch: Wie spreche ich die junge Generation an? Wie rekrutiere und halte ich sie im Unternehmen? Oder: wie stelle ich den Wissenstransfer zwischen der jungen Generation und den älteren Mitarbeitenden sicher? Ein gelingender Wissenstransfer ist wichtig, unsere Forschung zeigt, dass er bisher eher von älteren zu jüngeren Mitarbeitenden gelingt, statt auch umgekehrt. Um die Mitarbeitenden arbeitsmarktfähig zu halten braucht es einen gelingenden Wissenstransfer in beide Richtungen. Last but not least, rate ich Arbeitgebern zu reflektieren, wie sie sich als Arbeitgeber positionieren und was sie tun können, um ihre Arbeitgeberattraktivität zu erhöhen. Insbesondere für die Ansprache der jüngeren Generation ist dies zentral.
Oft wird der Fachkräftemangel als Argument genannt, um Mitarbeitende auch nach langen Berufsjahren zu fördern, Weiterentwicklung zu ermöglichen und zeitgemässe Arbeitsmodelle zu entwickeln – warum sollte das ein Unternehmen mit Fachkräfteüberschuss auch machen?
Auch in so einem Fall ist es im Interesse vom Arbeitgeber seine Mitarbeitenden weiterzuentwickeln und damit arbeitsmarktfähig zu halten. Denn: Tut man es nicht, riskiert man gute Mitarbeitende zu verlieren und dadurch Knowhow Verlust aus dem Unternehmen. Ich spreche hier nicht nur von Fachwissen, sondern auch von Sozial- und Erfahrungswissen, das nicht so schnell wieder aufgebaut kann. Investiert man nicht in seine Mitarbeitenden und macht dies sichtbar, so verringert es die Attraktivität als Arbeitgeber.
Der Fokus liegt auf zwei Aspekten, welche für Arbeitgeber aktuell von erhöhter Dringlichkeit ist. Einerseits auf der Erschliessung der Generation Z und andererseits auf der Erhöhung der Arbeitsmarktfähigkeit aller Mitarbeitenden. Mich freut besonders, dass wir mit Jo Dietrich einen versierten Vertreter und Experten der Gen Z (Forbes 30 unter 30, ZEAM) an Bord haben, der sein Wissen mit uns teilt, wie man bestmöglich die junge Generation gewinnen kann. Auch freue ich mich auf meine Kollegin Dr. Veronika Halene Blankenagel, die aktuell gerade eine Generationenmanagement Projekt umsetzt und viel Wissen zum Thema Personalmanagement und Weiterentwicklung von Mitarbeitenden mitbringt.
Wie geschildert sind das Themen, die immer wieder von Arbeitgebern an uns herangetragen werden, die sie beschäftigen. Wir möchten ihnen mit einem einfachen Werkzeugkasten helfen, diesen Fragestellungen aktiv zu begegnen. In dem interaktiven Setting dieses Tagesseminars sollen Personalfachpersonen und Teamleitende aus Unternehmen Tools, Handlungsfelder, Massnahmen und Best Practice Beispiele zur Thematik kennenlernen. Ziel ist, dass sie auch die Werte und Einstellungen einzelner Generationen besser verstehen und bestmöglich mit diesem Potential arbeiten können und sich als attraktive Arbeitgeber positionieren können.
Zum Abschluss, der Blick in die Glaskugel: Werden wir, sobald die Babyboomer Generation vollständig im Ruhestand ist, also in 8 Jahren, noch über Generationenmanagement sprechen? Wenn ja, mit welchem Schwerpunkt? Wenn nein, über was sprechen wir dann?
Mit dem demographischen Wandel fehlen dem Schweizer Arbeitsmarkt gemäss einer Publikation der UBS von 2019 in etwa 8 Jahren rund 500’000 Arbeitskräfte (Vollzeitäquivalente). Sprich, das Thema wird aktueller denn je sein. 1.1 Millionen Personen haben in der Schweiz dann das Pensionsalter erreicht, gleichzeitig rücken weniger Junge nach. Gleichzeitig erleben wir einen Wandel der gesuchten Skills und einen Wandel in eine neue Arbeitswelt. Für Arbeitgeber wird es zentral sein zu wissen, wo welche Skills im Unternehmen liegen und sicherzustellen, dass der Wissenstransfer innerhalb der Belegschaft gelingt.