«Margerite setzt sich für die Förderung der AgeTech-Branche in der Schweiz ein»

Von Vanessa Zeilfelder, 13. Februar 2024

Internet der Dinge, Wearables, Robotik oder Virtual Reality – klingt vielleicht erst einmal nach Gen Z oder Tech-Konzern, sind aber Technologien, die auch mit zunehmendem Alter eine wichtige Rolle spielen (werden). Das Gründerteam von Margerite gibt uns im Interview Einblicke in die AgeTech-Branche und inwiefern diese Technologien Menschen unterstützen, länger unabhängig und selbstbestimmt zu leben. Am 7. März 2024 findet übrigens die erste Swiss AgeTech Konferenz statt!

Ivan, Silvio, ihr seid das Gründerteam von Margerite. Was verbirgt sich hinter eurem Start-up?

Margerite ist eine wegweisende Plattform, mit der wir uns für die Förderung der AgeTech-Branche in der Schweiz einsetzen. Wir tun dies, indem wir die Sichtbarkeit von Unternehmen und Organisationen auf unserer Swiss AgeTech Map fördern, die jährliche Swiss AgeTech Konferenz organisieren und Unternehmen mit unseren AgeTech Beratungsdienstleistungen unterstützen.

Wie kamt ihr auf die Idee, eine Plattform zum Thema AgeTech aufzubauen?

Mit der steigenden Lebenserwartung verlängert sich ebenfalls unser dritter Lebensabschnitt, die Zeit nach der Pensionierung. Das stellt uns als Menschen, aber auch unsere Gesellschaft vor neue Herausforderungen. Denn noch immer prägen Klischees und gesellschaftliche Zwänge diese Lebensphase, gleichzeitig steigt die Zahl der über 65-Jährigen. Schätzungen gehen heute davon aus, dass im Jahr 2030 auf 100 Personen im Alter von 20 bis 64 Jahren etwa 40 Personen im Alter von 65 Jahren und älter kommen werden. Das entspricht im Vergleich zum Jahr 2022 einem Anstieg von 25%.

Dieser sich unweigerlich abzeichnende demografische Wandel hat uns motiviert, uns intensiv mit dem Thema zu beschäftigen und herauszufinden, welche Produkte, Dienstleistungen und Anbieter im Bereich AgeTech es heute schon gibt. Ebenfalls ist es uns ein Anliegen zu wissen, was uns in der Zukunft erwartet, damit wir an der Gestaltung derselben heute mitwirken können und so später auch das vorfinden, was wir uns für unser Alter wünschen.

Welche Trends beobachtet ihr aktuell rund um AgeTech?

Wir sehen zunehmend Lösungen, die sich von der «reinen» alleinstehenden Überwachung/Alarmierung hin zu erweiterten und integrierten Lösungen entwickeln, die Senior:innen helfen, länger ein unabhängiges Leben zu führen, mit direktem Alltagsnutzen. Gleichzeitig rücken präventive Massnahmen in allen Lebensbereichen zunehmend in den Vordergrund. Einige der Schlüsseltechnologien der Zukunft für diese AgeTech-Entwicklungen sind:

Internet der Dinge (IoT)

IoT-Geräte können älteren Menschen helfen, länger ein selbständiges Leben zu führen, indem simple Dinge wie Temperatur, Sonneneinstrahlung, Licht, Musik und vieles mehr einfach und bequem gesteuert werden können.

Robotik

Roboter können im häuslichen Umfeld helfen, indem sie alltägliche Aufgaben wie Hausarbeit, Aufstehen und Gehen erleichtern. Sie können auch dazu beitragen, ältere Menschen zu unterhalten und ihnen Gesellschaft zu leisten. In Pflegeinstitutionen können sie durch die Übernahme von Arbeiten das Personal entlasten und so mehr Zeit für die persönliche (menschliche) Betreuung schaffen.

Wearables

Wearables und andere Geräte können älteren Menschen dabei helfen, ihre Gesundheit zu überwachen und zu verbessern, indem sie Daten wie Blutdruck, Herzfrequenz und Aktivitätsniveau sammeln, überwachen und bei Bedarf oder auf Wunsch übermitteln. Hier stellen wir einen Wandel von der klassischen Impact-Überwachung (Sturzsensor, Herzfrequenzmessung) hin zu einer Früherkennung von Krankheiten durch die Auswertung gesammelter Daten über einen längeren Zeitraum fest. Ebenfalls werden neue Sensoren wie z.B. die Schweissanalyse künftig weitere Messungen und Analysen ermöglichen.

Virtuelle Realität (VR)

VR kann älteren Menschen, die nicht mehr reisen können/wollen, helfen, Länder/Landschaften zu erleben, die sie noch nie besucht haben, oder sich an frühere Reisen zu erinnern. Darüber hinaus können kognitive Fähigkeiten trainiert und somit länger erhalten werden. Das Gehirn braucht Training, auch oder gerade im Alter. VR ist eine von vielen Möglichkeiten dafür. Während der Therapieanwendung werden über einen längeren Zeitraum Veränderungen automatisch gemessenen und Krankheitsbilder können früher erkannt und behandelt werden.

In welchem der Fokusbereiche Alltag, Finanzen, Wohnen und Gesundheit seht ihr aktuell das grösste Innovationspotenzial?

Das Thema AgeTech ist äusserst vielschichtig und komplex, weshalb es sich unseres Erachtens nicht auf einen einzelnen Bereich beschränken lässt. Wir sind der festen Überzeugung, dass enormes Potenzial insbesondere in Lösungen liegt, die mindestens zwei der genannten Fokusbereiche gleichzeitig adressieren. Durch diesen ganzheitlichen Ansatz wird der Nutzen für den Anwender deutlich erhöht und eine umfassendere Unterstützung im Bereich Altern und Lebensqualität ermöglicht. Neben der Finanzierbarkeit, Funktionalität und Stabilität entscheidet hierbei auch das Kriterium der Alters-Stigmatisierung über Erfolg und Misserfolg eines Produktes.

Unternehmen und Institutionen, die die Chancen und Herausforderungen des demografischen Wandels erkannt haben, werden neue technische Hilfsmittel entwickeln, die speziell auf die Bedürfnisse älterer Menschen zugeschnitten sind. Ebenso werden neue Wohnformen, Finanz- und Versicherungsprodukte auf den Markt kommen, die explizit auf die besonderen Bedürfnisse dieser Altersgruppe ausgerichtet sind.

Als Beispiel können wir hier bonacasa aufführen, welche mit ihren integrativen Multigenerationen-Wohnformen, mit eigens definierten Baustandards, die Herausforderungen der Wohnungsproblematik im Alter angeht und bei diesen Lösungen unterschiedlichste Technologien zur Überwachung, Steuerung und Verwaltung einsetzt.

Am 7. März 2024 ladet ihr zur ersten Swiss AgeTech Konferenz in Zürich ein. An wen richtet sich die Veranstaltung und was erwartet die Besucher:innen?

Die Swiss AgeTech Konferenz ist eine Business-2-Business (B2B) Veranstaltung und stellt für uns einen wichtigen Meilenstein in unserer Entwicklung als Margerite dar. Wir schaffen damit eine einzigartige Plattform, die Unternehmen, Organisationen, Investor:innen und Behörden im Bereich AgeTech zum Austausch und Networking physisch zusammenbringt.

Unser Ziel ist es, mit der Konferenz entscheidende Impulse zu setzen, damit Wirtschaft und Politik dieses vielversprechende und zukunftsweisende Thema erfolgreich aufgreifen können. Mit der Konferenz legen wir einen wichtigen Grundstein für die Zusammenarbeit zwischen Start-ups, Unternehmen und Innovator:innen der «Silver Economy» in der Schweiz. Gleichzeitig stärken wir die Position unseres Landes als führender Akteur im Bereich AgeTech.

Die Teilnehmenden erwartet eine inspirierende Gelegenheit, sich über aktuelle AgeTech-Themen zu informieren, Fachfragen mit führenden Expert:innen zu diskutieren, wertvolle Kontakte zu knüpfen und Erfahrungen auszutauschen. 

Vielen Dank!

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