Erfolgreiche Unternehmerin statt Rentnerinnenleben

Von Stephanie Cengiz, 14. November 2022

Christine Schnetzler war bis 60 die Vizedirektorin vom «Hotel Schweizerhof» am Zürcher Bahnhofplatz. Bis sie sich dazu entschlossen hat, etwas ganz Neues zu wagen und «Schnetzlers Haushaltmanagement» zu gründen. Wir haben damals in unserem Neustarter-Magazin von dieser beeindruckenden Geschichte berichtet. Heute beschäftigt Christine 12 Personen – die meisten über 50 Jahre und 7 davon ebenfalls im Pensionsalter – und wir haben mal wieder nachgefragt, wie es so läuft.

Auf dem Foto: Christine Schnetzler (links) mit zwei Team-Kolleginnen.

Christine, was motiviert dich, mit 65plus noch mitten im Arbeitsleben zu stehen, anstatt die Beine hochzulegen oder auf Weltreise zu gehen?

Wenn etwas klingt nach «zu schön, um wahr zu sein», dann ist es meist auch «zu schön, um wahr zu sein»! Oder anders gesagt: den Anspruch haben, nur noch freie Zeit zu geniessen, liegt mir nicht. Oder gelingt mir nicht. Erfüllung und Inhalt finde ich in Engagements. Diese können gerne mannigfaltig und verschiedener Art sein.

Schnetzlers Haushaltmanagement gibt’s nun schon seit 6 Jahren. Verrätst du uns dein Erfolgsrezept?

Unsere angebotene Dienstleistungspalette entspricht dem heutigen Zeitgeist. In den mittleren Lebensjahren konzentriert sich alles – Familie, Beruf, Karriere und die betagten Eltern unter den sprichwörtlichen Hut zu bringen, ist eine Herkulesaufgabe. Da haben wir einen Nerv getroffen.

Zudem braucht es in der Familien- und Care-Arbeit, wie wir sie breit anbieten, Lebenserfahrung und Empathie. Das können reife Menschen über 50 Jahren naturgemäss sehr gut, mit all ihren eigenen Lebensgeschichten, die sie schon in ihrem Rucksack gesammelt haben. Aus diesem Grund finden wir erfolgreich Mitarbeiterinnen, welche auch in der zweiten und dritten Lebenshälfte eine sinnvolle, bereichernde und anspruchsvolle Tätigkeit wahrnehmen möchten.

Bei einem aktuellen, interen Workshop wurden folgende Punkte von den Mitarbeitenden erwähnt, die sie bei ihrem Engagement bei uns sehr schätzen:

  • Ich bin ein aktiver Teil eines Teams.

  • Ich lerne neue Menschen und Situationen kennen.

  • Ich kann das Arbeitspensum selber bestimmen.

  • Ich habe ein seriöses, sinnvolles und anspruchsvolles Engagement.

  • Ich bleibe selbst flexibel und interessiert.

  • Ich werde gebraucht.

  • Ich erfahre Wertschätzung und Anerkennung.

  • Ich kann mich einbringen.

  • Ich arbeite innerhalb des Auftrages selbstständig.

  • Die Leistungen werden vergütet.

Und unser Leitsatz: Erfolg besteht darin, die kleinen Dinge richtig zu machen. Immer und jedes Mal.

Was sind eure aktuellen Dienstleistungen – in welchen Fällen können sich Menschen an euch wenden?

ZEIT! Wir bieten Zeit an!

In Unterstützung und mit Fokus, Betreuung bei allen Engpässen, Zuhause für Familien, Alleinerziehende, Einzelpersonen, Seniorinnen und Senioren. Sei es während oder nach einem Spitalaufenthalt oder einem Unfall. Bei Betreuungsengpässen bei Scheidung, Krankheit oder beruflichen Terminen. Oder einfach, um den Alltag zu entlasten und auch etwas ‘Luft zum Atmen’ zu haben.

Es gibt ein schönes Zitat von Coco Chanel. Wir helfen unseren Kundinnen und Kunden dabei, genau diesen Grundsatz zu leben:

Es gibt eine Zeit für die Arbeit. Und es gibt eine Zeit für die Liebe. Mehr Zeit hat man nicht.

Coco Chanel

Wie ist dein Team heute zusammengesetzt?

Wir sind ein fast ausschliessliches Frauenteam. Es hat sich herausgestellt, dass für Care-Arbeit immer noch lieber Frauen gesehen und eingesetzt werden. Wenn beispielsweise ein Mann mit Kindern unserer Kundinnen und Kunden gesehen wird und sich nicht als Vater oder Götti ausweisen kann, steht er schon unter Generalverdacht. Darüber müsste unsere Gesellschaft auch wieder einmal nachdenken!

Gibt es Regularien, die das Arbeitgeberinnen-Dasein erschweren?

Es arbeiten mit mir wunderbare, engagierte und fitte Frauen 70+. Leider kann ich sie ab diesem Alter nicht mehr für Krankentaggeld versichern, bin aber als Arbeitgebende dazu verpflichtet, dieses zu zahlen. Das ist für viele Arbeitgebende ein Grund, Menschen über 70ig nicht mehr zu beschäftigen, da es ein Unternehmen im Schadenfall ruinieren könnte.

Auch sollten die Mitarbeiterinnen mit kleinen Pensen und Salären einen BVG Zugang erhalten, wie dies schon länger gefordert wird. Das Gleiche gilt für die AHV. Welche, abzüglich dem Freibetrag, bezahlt werden muss, aber nicht mehr als Anteilsgutschrift für die Mitarbeitenden verwendet wird.

Was sind deine Knackpunkte, die es tagtäglich zu lösen gilt?

  • ständigen Kontakt zu halten zu Kunden und Mitarbeitenden

  • verfügbare Mitarbeitende für Notfalleinsätze zu organisieren

  • im Angebot den gesellschaftlichen Veränderungen Rechnung zu tragen, wie zum Beispiel der Homeoffice-Möglichkeit

  • Menschen für unser Team zu motivieren, die eigentlich oft nicht arbeiten müssten

  • Netzwerken, netzwerken, netzwerken

Und was an deiner Arbeit liebst du?

  • den Kontakt mit den Kunden

  • die Arbeit im und mit dem Team

  • die Organisation

  • die Weiterentwicklung

  • die Selbstbestimmung

Kleiner Rückblick: Gibt es etwas, was du hättest anders machen sollen; gibt es Learnings, die du anderen mit auf den Weg geben möchtest?

Beim Aufbruch in die Selbstständigkeit würde ich heute für die ersten 2 Jahre ein reduziertes Pensum von höchstens 40% in der angestammten beruflichen Tätigkeit behalten. Dies garantiert Struktur und ein Sockeleinkommen, bis man auf dem neuen Weg Fuss gefasst hat. Parallel zum Neustart eine Weiterbildung zu absolvieren, hat sich bei mir als ein Glücksfall und als sehr zielführend erwiesen.

Wie geht es weiter mit Schnetzlers Haushaltmanagement?

Aufhören ist eine Kunst! Eine Frage vom Timing. Im Moment stellt sich diese Frage aber noch nicht. Wir sind gerade dabei, unseren gesamten Webauftritt zu aktualisieren, neue Kundenkanäle zu pflegen und Veränderungen im Team anzugehen.

Es ist wie es ist – es braucht eine Liebe zur Sache, die länger als einen Tag dauert.

Danke für die spannenden Einblicke, liebe Christine!

Christine Schnetzler auf der Bühne von «Your Stage – Das Festival zu Arbeitswelten 60plus» im Herbst 2022 (Fotograf: Jean-Claude Poffet)

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