Wie finde ich heraus, was ich in der Pensionierung machen will?

Von Vanessa Zeilfelder, 15. August 2022

Immer länger leben, immer länger fit sein und immer länger arbeiten? Oder was ganz anderes machen? Oder gar nichts? Früher oder später stellen wir uns alle die Frage, was wir in der Pensionierung machen wollen. Wer bei der Lösungssuche Unterstützung braucht, findet verschiedene Angebote und Workshops, in denen man sich der Antwort auf kreative Art und Weise nähern kann. Wir haben mit Rachel Manetsch von FocusFuture gesprochen, die täglich mit baldig Pensionierten über das Altern nachdenkt und mit ihnen ihre Pensionierung plant.

Liebe Rachel, mit welchen Themen beschäftigt ihr euch bei FocusFuture?

Wir beschäftigen uns mit dem Thema Pensionierung. Da wir immer länger leben und immer mehr Zeit im Pensionsalter verbringen, sollte diese Zeit gut geplant und sinnvoll gestaltet und verbracht werden. Mit FocusFuture können Menschen Konzepte für ihre eigene Pensionierung entwickeln und gemeinsam mit uns über das Altern nachdenken.

An wen richtet sich euer Angebot?

An Private und Firmen gleichermassen. Bei den Privatpersonen sprechen wir Menschen an, die ihre Pensionierung planen und herausfinden wollen, was sie nach dem regulären Arbeitsleben tun möchten. Das sind Menschen, die Lust und Mut haben, etwas Neues auszuprobieren oder die sich von festgefahrenen Vorstellungen befreien wollen. In unseren Sprints denken wir gemeinsam mit ihnen über unsere Gesellschaft nach und wie wir altern wollen.

Im B2B-Bereich sprechen wir Unternehmen an, die ihre Mitarbeitenden auf eine sinnerfüllte Pensionierung vorbereiten wollen. Wir unterstützen die Unternehmen dabei, ihren Offboarding-Prozess zu überdenken. Dies aus zwei Gründen:

  • Wegen des Fachkräftemangels brauchen Firmen neue Konzepte, wie sie mit Pensionierten ins Gespräch kommen können, damit diese unter Umständen in irgendeiner Form nach der regulären Pension weiterarbeiten.

  • Der Workshop mit FocusFuture ist nicht einfach ein schönes «Abschiedsgeschenk». Es ist wissenschaftlich erwiesen: Wer sich mit der eigenen Zukunft beschäftigt, investiert auch ins Jetzt – in das sogenannte psychologische Kapital. Also unmittelbar in Kreativität, Produktivität und Zufriedenheit der Arbeitnehmenden.

Wann ist deiner Meinung nach der richtige Zeitpunkt, sich mit der Zeit nach der Pensionierung zu beschäftigen?

Sobald sich jemand mental dazu bereit fühlt, ist es der richtige Zeitpunkt. Die meisten beginnen ein, zwei Jahre oder sogar erst wenige Monate vor der Pensionierung, sich ganz konkret darüber Gedanken zu machen, was es dann im Alltag bedeutet, pensioniert zu sein.

Einige freuen sich auf die Pensionierung und geniessen das «neue Leben» nach der regulären Arbeitszeit – für einige funktioniert das ganz gut. Andere finden dann aber heraus, dass ihnen ohne ihre Arbeit etwas fehlt und sie schon immer falsche Vorstellungen von der Pensionierung kultiviert haben. Die Enttäuschung und die Angst vor der Zukunft können dann gross sein. Wir nennen es die «Honeymoon»-Phase. Bei FocusFuture kann man auf jeden Fall immer einsteigen, wenn man sich mit dem Thema auseinandersetzen möchte. Es gibt keine Grenzen im Hinblick auf das Alter, es braucht einfach nur eine offene Sichtweise.

Durch die Pensionierung ändert sich nicht nur der Erwerbsstatus, sondern auch andere Bereiche unseres Lebens durchlaufen einen Wandel…

Es ändert sich eigentlich alles. Von der eigenen Haltung und dem Selbstbild bis hin zu grossen Themen wie Netzwerk, Freundeskreis und Partnerschaft, Beschäftigung und Engagement. Auch die finanzielle Situation kann sich ändern und somit sehr viel beeinflussen. Wir erleben eine ganze Palette von Aussagen. Von «Endlich kann ich das tun, was ich schon immer wollte!» bis hin zu «Mir wurde mein altes Leben genommen und ich kann nichts dagegen tun!». Die Frage ist also: Wie freundet man/frau sich mit der neuen Situation an und was macht man/frau daraus, um glücklich und sinnerfüllt mit den eigenen gesundheitlichen, sozialen und finanziellen Möglichkeiten weiterzuleben?

Welche Tipps hast du für unsere Leserinnen und Leser, die sich gerade überlegen, wie genau sie den Übergang in die Pensionierung gestalten möchten?

Es ist wichtig, sich keine Illusionen zu machen. Tüftelt an Ideen, die auch realistisch sind! Ich würde empfehlen, so viel wie möglich einfach mal zu testen und sich mit Leuten in einer ähnlichen Lebenslage auszutauschen.

Wir arbeiten in unseren Workshops mit dem Konzept des Life Designs – ein Konzept, das an der Universität Stanford entwickelt worden ist. Das Tolle daran ist, dass das Testen allein schon grossen Spass macht. In unseren Workshops arbeiten wir an diesen «Prototypen» und nutzen die Kraft der Community für gegenseitige Inspiration.

Im Herbst findet ein FocusFuture Sprint statt. Was können wir uns darunter vorstellen?

Wir wollen einen Raum schaffen, wo wir uns ohne Einschränkungen über verschiedene Zukunftsszenarien Gedanken machen. Wie werden wir im Alter wohnen, leben, lieben, arbeiten? Gemeinsam entwickeln wir in verschiedenen Sessions Ideen, Konzepte und vielleicht völlig verrückte Szenarien.

Zum Beispiel: Die Vorstellung davon, in ein Altersheim zu ziehen, ängstig viele. Welche Alternativen gibt es? Eine Alters-WG vielleicht? Aber wer pflegt uns in der Alters-WG? Wie bezahlbar ist das? Und welche Konzepte und Ideen gibt es sonst noch?

Wir arbeiten mit Methoden und Tools aus dem Design Thinking. Die Resultate halten wir dann in einem Buch, Text oder einer Artikelserie fest. Sie dienen als Grundlagen für weitere Inspiration und vielleicht entwickeln sich sogar neue Konzepte daraus. Es ist eine Art Think Tank. Wer Lust hat, Teil der Design-Gruppe zu werden und sich im dritten oder vierten Lebensabschnitt befindet, kann sich bei uns auf der Webseite unverbindlich registrieren.

Und zum Schluss: Was war dein bedeutendster Looping?

Die Erkenntnis, dass wir mit dem richtigen Mindset und klugen Ansätzen ganz realistisch in unseren bestehenden Leben glücklich werden können.

Die Vorstellung, dass man in der Pensionierung «von Vorne» anfängt oder sogar «auswandert» und dann erst glücklich wird, war für mich schon immer befremdend. Auch nach diesem Neuanfang hält ja irgendwann wieder der Alltag Einzug. Dann kann man nicht gleich wieder und wieder und wieder etwas Neues anfangen oder wieder auswandern, um endlich (wieder) glücklich zu werden.

Es macht durchaus Sinn, kleine Loopings der Veränderung anzustreben, die dann in der Summe einen Superlooping ergeben. Gerne auch zwei Schritte vorwärts und einen wieder zurück. That’s life. 😊

Herzlichen Dank!

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