Liebling, wo sind meine Schlüssel?

Von Stephanie Cengiz, 18. Dezember 2017

schlüsselbrett.ch ist ein perfektes Beispiel eines Startup-Unternehmens. Eines, bei dem eine Frau eine gute Idee hatte, diese im «stillen Kämmerlein» weiterentwickelt hat und dann mit einem ausgeklügelten, innovativen Produkt auf den Markt kam. Und grosses Echo auslöste.

Was war die Vorgeschichte zu Ihrem Neustart?

Alles begann mit der Frage: „Liebling, wo sind meine Schlüssel?“ Vor 17 Jahren suchte ich nach einem praktischen Accessoire zur Schlüsselaufbewahrung. Ich wollte aber keine gewöhnlichen Schlüsselkasten oder ein Brett mit Haken, sondern etwas Besonderes. Als ich auf dem Markt nichts gefunden habe, kam mir die Idee. Ich experimentierte in der Werkstatt meiner Schwester mit einem Aluminiumprofil und Filz. Dabei entstand mein erstes Schlüsselbrett. Dies war sozusagen die Geburtsstunde von „schlüsselbrett.ch“ nur ahnte ich damals noch nichts davon, denn ich war gut beschäftigt mit unserer jungen Familie, Haus, Hund und Garten.

Wie sind Sie konkret gestartet?

Als meine beiden Jungs (12/17) grösser und selbstständiger wurden, hatte ich genügend freie Zeit und Musse, einen Neustart zu wagen. Ich dachte an mein Schlüsselbrett und hoffte, dass die Zeit reif war, meine Erfindung zu optimieren, um sie in Kleinserien auf den Markt zu bringen. Nach sechs Monaten der Vorbereitungen mit Produkteentwicklung, Lieferantensuche, Designschutzeintrag und allen Gründungsfragen konnte das Abenteuer Selbständigkeit Anfang 2014 beginnen. Seither lerne ich ununterbrochen dazu, denn in meinem Unternehmen bin ich Allrounderin. Ich kümmere mich um Produktedesign, Website, Produktion, Vertrieb, Öffentlichkeitsarbeit, Messeauftritte und Buchhaltung.

Wer hat Ihre Website und den Online Shop entwickelt?

Da ich kaum PC-Kenntnisse hatte, dachte ich mir, da muss ein Profi ran. Doch schon beim ersten Treffen mit einer befreundeten Websitegestalterin war ich überfordert. Auf ihre vielen Fragen hin: welcher Stil, wie viele Unterseiten, welcher Text und welche Fotos, wurde mir klar, dass ich mich zuerst um diese Dinge kümmern sollte. Deshalb fragte ich Google, wie ich eine Website, sozusagen zur Probe, erstellen kann, um bei meinem nächsten Treffen mit der Gestalterin etwas entscheidungsfreudiger dazustehen. Ich musste mir meines Auftritts (Unterseiten, Texte, Bilder) bewusstwerden. Daher habe ich sehr, sehr viel Zeit mit der Gestaltung meiner JIMDO-Website verbracht und verschiedenes ausprobiert. Dadurch fand ich den passenden und persönlichen Stil für meinen Unternehmensauftritt. Ich verstehe heute noch nicht viel von technischen Dingen, aber meine Website samt Shop funktioniert einwandfrei.

Was oder wer hat Sie inspiriert?

Ich schätze Designklassiker, welche schlicht, multifunktional und zeitlos sind. Ich fühle mich inspiriert von Produkten, welche eine hohe Funktionalität in schlichtem Design bieten. Aus persönlicher Sicht inspiriert hat mich der Wunsch, mich weiterzuentwickeln, etwas Eigenes zu machen und die Möglichkeit, mit meinem Unternehmen etwas Sinnvolles, auch für meine Region, zu tun. Ein grosser Teil der Produktion von schlüsselbrett.ch fällt auf Unternehmen aus der Gegend. Die Nähe zu den Lieferanten vereinfacht den ganzen Produktionsprozess und ist gleichzeitig ein Bekenntnis zum lokalen Gewerbe. Weiter war für mich die Unterstützung und Toleranz meiner Familie eine grosse Motivation. Ohne diese hätte ich nicht den Rücken frei gehabt, mich mit voller Kraft um schlüsselbrett.ch zu kümmern.

Was sind Herausforderungen, die Sie meistern müssen?

Mit dem Gewinn sinnvoll zu haushalten und zukunftweisende Entscheidungen zu treffen, war nicht immer leicht. Jede Sortimentserweiterung birgt Risiken und verursacht hohe Kosten in der Prototypenphase. Das sind oftmals schwere Entscheidungen, durch die man jedes Mal viel lernt. schlüsselbrett.ch hat sich in den ersten drei Jahren wunderbar entwickelt und auf dem Schweizer Markt etabliert. Im Moment bin ich damit beschäftigt, den Vertrieb in Deutschland und Österreich zu planen. Deshalb suche ich nach Profis, die mich unterstützen, nach Vertriebspartnern und PR-Agenturen im gesamten EU-Raum.

Was hat Ihnen aus heutiger Sicht rückblickend geholfen?

Networking – sich austauschen, viel sprechen, ob mit Freunden, der Familie oder anderen Gründern. Sich und seine Idee mitteilen und anderen zuhören. Ausprobieren, Erfahrungen sammeln, auch mal hinfallen, lernen, sich verbessern. Ich habe von Anfang an meine Kunden mit ins Boot geholt. Oft nachgefragt, ob sie zufrieden sind und was man noch verbessern könnte. Mit diesen Informationen konnte ich meine Produkte und den Kundenservice optimieren. Ich ging dann einen Schritt weiter und reichte schlüsselbrett.ch bei einem der bekanntesten Design-Wettbewerbe ein. Und tatsächlich gewann ich den Red Dot Design Award 2015, welcher mir die Sicherheit (Fachjury aus über 40 internationalen Designern) gab, dass meine Erfindung richtig gut ist. Die Auszeichnung gab mir neben Selbstvertrauen, auch Aufschwung im Vertrieb.

Was würden Sie möglichen Neustartern empfehlen, wenn sie so ein Projekt angehen wollen?

Wenn das Bauchgefühl stimmt? Starten! Es ist so wichtig, voll und ganz dahinter zu stehen, denn in den ersten Jahren wird man sich mit voller Kraft darum bemühen, sein Projekt auf Erfolgskurs zu bringen. Es ist wichtig, dass der Neustart zu einem passt. Mit diversen Plattformen zur Gründung und Netzwerkanlässen werden Jungunternehmern grosse und wertvolle Hilfe geboten.

Würden Sie etwas Derartiges noch einmal machen?

Ich: JA unbedingt – jederzeit und sehr gerne!

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