Das Programm «Ressourcen-Sprungbrett für den Quereinstieg» befindet sich bald auf der Zielgeraden. Die Teilnehmenden haben verschiedene Module abgeschlossen und von verschiedenen Vernetzungsmöglichkeiten profitiert. Vor allem das 1:1 Coaching stellt sich als wichtiger Erfolgsfaktor für die Entwicklung der Teilnehmenden heraus. In diesem Interview erzählen zwei unserer Coaches aus diesem Pilotprojekt, wie sie die Begleitung von Stellensuchenden 45+ auf ihrem Weg zum Quereinstieg in einen anderen Beruf erleben.
Während der ersten Monate wurden die Rucksäcke der Teilnehmenden mit vielfältigen Tools gefüllt: zur Erkundung ihrer Stärken und Kompetenzen, zur Verfeinerung der Bewerbungsunterlagen, zum gezielten Aufbau von Kontakten – und damit zur Erweiterung des Netzwerks. Pia Wälti und Antonia Jann haben einige Teilnehmende auf diesem ersten Weg begleitet.
Daniela: Meine Motivation liegt darin, Menschen in ihrer Selbstwirksamkeit zu stärken. Gerade mit 45plus steckt so viel Erfahrung und Potenzial in einem – und es ist ein Privileg, gemeinsam mit dem Coachee, diese Schätze sichtbar werden zu lassen.
Mathias: Ich bin überzeugt, dass Quereinstiege eine grosse Bereicherung sind – für jene, die nochmals einen Neuanfang wagen, aber auch für die Wirtschaft und die Gesellschaft. Allerdings sind die Hürden für einen Quereinstieg oft hoch. Es braucht Sensibilisierung, Offenheit und Mut. Da leistet das Projekt von Loopings einen wichtigen Beitrag.
Daniela: Mein Fokus liegt auf dem, was gut lief: das Bisherige würdigen und sichtbar machen – und gleichzeitig herausarbeiten, was davon in ein neues Berufsfeld übertragbar ist. In gegenseitiger Resonanz entsteht ein geschützter Raum, der neues Denken möglich macht – abseits von alten Pfaden und Glaubenssätzen.
Es ist wichtig, dass die Veränderung nicht nur im Aussen stattfindet, sondern sich auch im Innern Dinge klären.
Mathias MorgenthalerMathias: In einem ersten Schritt geht es meist darum, sich selber besser zu verstehen. Wo war ich in meinem bisherigen Arbeitsleben in meinem Element? Wo habe ich mich abgemüht, mir vielleicht zu viel zugemutet? Was darf ich loslassen und was brauche ich, um mich lebendig zu fühlen bei der Arbeit? Es ist wichtig, dass die Veränderung nicht nur im Aussen stattfindet, sondern sich auch im Innern Dinge klären.
Daniela: Beim 1:1-Coaching steht die individuelle Person mit ihren persönlichen Wirklichkeiten, ihrem Umfeld, ihren Ressourcen und Kompetenzen im Mittelpunkt. Es geht darum, individuelle Ziele zu klären, Handlungsspielräume zu erweitern und vor allem das eigene Verhalten wirksam, auf die eigene Person zugeschnitten und nachhaltig zu gestalten – alles andere als eine Dienstleistung von der Stange. Das Format unterstützt dabei, individuelle Lösungen mit frischem Blick und neuer Energie zu entwickeln.
Mathias: Ein individuelles Coaching kann viele Funktionen haben. Manchmal ist der Coach ein Spiegel, der einem hilft, das Essenzielle zu sehen; manchmal ist er der Fürsprecher der inneren Stimme, der hilft, echte Entwicklungswünsche von Ausreden, Bedenken und gesellschaftlichen Normen zu unterscheiden. Und oft ist er ein Sparringspartner, der einen stärkt und darin unterstützt, vom Denken ins Tun zu kommen und den ersten Schritt zu machen.
Beim 1:1-Coaching steht die individuelle Person mit ihren persönlichen Wirklichkeiten, ihrem Umfeld, ihren Ressourcen und Kompetenzen im Mittelpunkt.
Daniela StöckliMathias: Ich erteile ungern Ratschläge. Empfehlen kann ich, die subjektive Realität sehr ernst zu nehmen und sich nicht mit anderen zu vergleichen. Wenn mein Körper mir klare Zeichen gibt, wenn ich spüre, dass ein Job mich auslaugt oder dass ich noch andere Seiten von mir leben möchte, dann sollte ich mich auf die Frage konzentrieren, wie ich die Veränderung angehen kann. Ob ich im aktuellen Job viel verdiene, einen hohen Status habe, andere mich dafür bewundern oder wieder andere es noch viel schwerer haben, ist dann nicht entscheidend.
Wenn mein Körper mir klare Zeichen gibt, wenn ich spüre, dass ein Job mich auslaugt oder dass ich noch andere Seiten von mir leben möchte, dann sollte ich mich auf die Frage konzentrieren, wie ich die Veränderung angehen kann.
Mathias MorgenthalerDaniela: Für mich ist nicht so sehr die Frage relevant, wie sich der Arbeitsmarkt entwickeln wird, denn darauf habe ich kaum Einfluss. Vielmehr ist die Frage wegweisend: Was muss ich morgen können, um attraktiv zu bleiben? Genau da liegt meine Gestaltungskraft – und diese Haltung macht einen unabhängiger vom Alter.
Was muss ich morgen können, um attraktiv zu bleiben?
Daniela StöckliMathias: Spezifische Fähigkeiten veralten sehr schnell. Die Schlüsselkompetenz ist, neugierig zu bleiben, mit Freude zu lernen, sich mit Unsicherheit anzufreunden, die eigene Entwicklungs- und Beziehungskompetenz zu stärken. Dort, wo die Beziehungsebene den Unterschied macht, wird der Mensch noch für längere Zeit seinen Platz haben in der Arbeitswelt. Die meisten anderen Tätigkeiten werden zunehmend von künstlicher Intelligenz verrichtet werden.
Daniela: Die Arbeitswelt verändert sich rasant. Neugier und Interesse am Neuen sind entscheidend. Genau hier sollten Menschen 45+ bewusst ansetzen. Meine Erfahrung zeigt: Wer den Mut hat, Routinen loszulassen und das eigene Mindset zu öffnen, kann mit der nötigen Beharrlichkeit und Taktik auch in der zweiten Berufshälfte erfolgreich ein- und umsteigen. Ich wünsche mir deshalb, dass Arbeitgeber stärker auf Wissensdurst, Neugier und Haltung achten und weniger auf den Jahrgang – denn es gibt sie, die 45plus mit Grips und Drive.
Und weiter wünsche ich allen, die Personalentscheide fällen, etwas mehr Mut und Neugier: Jeder Mensch ist viel mehr als die Summe seiner Ausbildungen und Berufsstationen.
Mathias MorgenthalerMathias: Ich wünsche mir, dass die technische Revolution durch die generische Künstliche Intelligenz dazu führt, dass Routinearbeiten künftig von Computern verrichtet werden und die Menschen sich noch mehr auf ihre Kreativität und gutes Teamwork fokussieren können. Und weiter wünsche ich allen, die Personalentscheide fällen, etwas mehr Mut und Neugier: Jeder Mensch ist viel mehr als die Summe seiner Ausbildungen und Berufsstationen. Es lohnt sich, nicht nur den Fleiss der Vergangenheit anzuschauen, sondern auch das Potenzial und den Entwicklungswunsch einer Person.
Daniela: Anstatt Lücken oder Umwege zu rechtfertigen, lohnt es sich, den Mehrwert für die Wunschfirma sichtbar zu machen, indem man weniger darüber schreibt, was man möchte, sondern mehr darüber, was man bietet. Eine professionelle Bewerbung im zeitgemässen Layout mit einem Lächeln auf dem Foto deutet zudem auf eine offene Persönlichkeit hin. Im Internet und in MS-Office finden sich zahlreiche Vorlagen.
Mathias: Viele Bewerbungsprozesse sind sehr standardisiert, zahlreiche Unternehmen lagern sie aus oder lassen einen Algorithmus die Vorauswahl treffen. Ich empfehle deshalb, möglichst oft unkonventionelle Wege zu gehen: Spontanbewerbungen zu verschicken, um einen Kaffeetermin zu bitten, das eigene Netzwerk strategisch zu erweitern, mit der eigenen Persönlichkeit zu punkten. Viele gute Stellen werden niemals ausgeschrieben, sondern aufgrund eines persönlichen Kontakts vergeben oder geschaffen. Selber aktiv zu werden statt auf Anzeigen zu reagieren, braucht mehr Mut – und zahlt sich oft aus.
Daniela Stöckli auf LinkedIn und auf ihrer Website Karriere Boutique
Mathias Morgenthaler auf LinkedIn, auf seiner Website Beruf+Berufung und auf der Website seines Buches «Aussteigen – Umsteigen. Wege zwischen Job und Berufung.»
Alle Infos zum Pilotprojekt «Ressourcen-Sprungbrett für den Quereinstieg» findet ihr hier.