«Die Coachees und ihre Entwicklung sind so unterschiedlich wie wir es als Individuen sind»

Da Loopings, 15. luglio 2025

Das Pilotprojekt «Ressourcen-Sprungbrett für den Quereinstieg» läuft nun seit fast einem halben Jahr. Begleitet und gestärkt werden die Teilnehmenden während dieser Zeit von unseren engagierten Coaches. Wir haben mit zwei von ihnen gesprochen und nachgefragt, wie sie die Teilnehmenden auf diesem Weg begleiten und welche Erfahrungen sie dabei machen.

Während der ersten Monate wurden die Rucksäcke der Teilnehmenden mit vielfältigen Tools gefüllt: zur Erkundung ihrer Stärken und Kompetenzen, zur Verfeinerung der Bewerbungsunterlagen, zum gezielten Aufbau von Kontakten – und damit zur Erweiterung des Netzwerks. Pia Wälti und Antonia Jann haben einige Teilnehmende auf diesem ersten Weg begleitet.

Liebe Pia, liebe Antonia: Was motiviert euch, als Coach bei unserem Pilotprojekt mitzumachen?

Pia: Das hat verschiedene Beweggründe. Nichts Neues: Es gehen mehr Menschen aus geburtenstarken Jahrgängen in Pension als nachrücken. Der Arbeitskräftemangel in bestimmten Berufen bietet eine Möglichkeit, Quereinstiegs-Modelle zu fördern. Ich glaube an den Erfolg von übertragbaren Kompetenzen bei Menschen, die motiviert sind, Neuland zu betreten. Auch will ich zu dem Selbstverständnis beitragen, sich als reife Person im Berufsleben neu orientieren zu können, ohne gesellschaftlichen Zwang im Bisherigen zu verharren. Ich habe selbst Erfahrungen mit beruflichen Loopings, und möchte meine Erfahrung und mein Wissen im Thema weitergeben.

Antonia: Ich finde das Projekt Loopings gut, weil es ein wichtiges Thema sichtbar macht. Die Flexibilität zu einer beruflichen Neuorientierung ist oft auch im höheren Alter notwendig, was für die einzelnen Menschen meistens nicht ganz einfach ist. Umso wichtiger finde ich, dass über das Thema gesprochen wird, dass die Betriebe sensibilisiert werden und dass man gute Beispiele zeigt, welche die Menschen ermutigen, sich neu zu orientieren. Dabei helfe ich gerne mit.

Die Coaching-Sessions laufen seit vier Monaten. Wie nehmt ihr die Entwicklung der Teilnehmenden im Verlauf des Programms wahr?

Antonia: Die Teilnehmenden profitieren inhaltlich enorm viel von den Modulen, die angeboten werden. Im Coaching können sie darüber hinaus an persönlichen Fragestellungen arbeiten. Ich glaube, die Teilnehmenden verbessern im Verlauf des Programms ihre Selbstwahrnehmung und sie gewinnen mehr Mut für nächste Schritte.

Pia: Ja, und die Coachees und ihre Entwicklung sind so unterschiedlich wie wir es als Individuen sind. Die einen rennen schneller, die anderen langsamer, um später aufzuholen. Ich versuche sie in ihrem Wesen und in ihrem je eigenen Prozess zu begleiten. Mit mehr oder weniger «Schubsern» und hoffentlich wertvollen Impulsen.

Ich würde mich freuen, wenn das Thema der Neuorientierung in der zweiten Berufshälfte mehr Selbstverständlichkeit hätte in unserer Gesellschaft.

Antonia Jann

Gab es bisher einen Moment, der für euch besonders emotional oder überraschend war?

Antonia: Ich habe mich riesig gefreut, dass eine meiner Coachees schon nach kurzer Zeit eine neue Stelle gefunden hat.

Pia: Wie wirkungsvoll Outdoor-Sessions sind, die ich intuitiv in einem Rebberg am Zürichsee vorgeschlagen habe. Ich mag Experimente, die systemisches Vorgehen und geistige Weite verbinden.

Antonia, du hast es eben schon erwähnt. Wir haben eine Coachee von dir «verloren». Sie hat erfreulicherweise bereits eine neue Anstellung gefunden. Was gibst du ihr - und auch den anderen - mit auf den Weg für ihren Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt?

Antonia: In der Zeit der Neuorientierung braucht es viele Gelegenheiten zur Reflexion. Man muss Ideen, Gedanken und Befürchtungen spiegeln können. Das kann beim Coaching sein, das kann aber auch im eigenen Umfeld erfolgen. Das Umfeld ist vielleicht manchmal schnell bei einer idealen Lösung, im Coaching ist der Prozess offener. Ich bin froh, dass meine Coachee verschiedene Optionen geprüft und sich intensiv darauf eingelassen hat. Was reizt mich? Was könnte schwierig sein? Wie  könnte sich die Tätigkeit anfühlen? Was wäre, wenn ich diese Option verabschieden würde? 

Ich glaube es hilft, wenn man lange offen bleibt und dabei seine eigenen Stärken und Schwächen immer besser kennenlernt. Meine Coachee hat regelmässig den Markt gescannt und sie hatte den Mut,  irgendwann einfach zu handeln. Und natürlich braucht es auch ein wenig Glück.

Ich wünsche mir, dass die Coaches – sinnbildlich gesprochen – nun den Ball aufnehmen und sich aktiv am Spiel beteiligen.

Pia Wälti

Aus eurer Sicht: Welchen Mehrwert bietet das zusätzliche individuelle Coaching für die Teilnehmenden?

Antonia: In den Modulen erhalten die Teilnehmenden viele Informationen und Angebote. Vielleicht ist es nicht immer einfach, die Inputs in das eigene Leben zu integrieren. Oft ist man ja in der eigenen Denkschlaufe gefangen, man hat Zweifel und Ängste. Im Coaching kann das bewusst gemacht und vielleicht geändert werden.

Pia: Das Sowohl-als-auch: Die Teilnehmenden sind in eine Community eingebunden mit festem Fahrplan, und gleichzeitig haben sie einen 1:1 (Reflexions-)Raum für sich selbst – ganz nach ihrem Tempo und ihren Bedürfnissen. Stimmt die gegenseitige Chemie, entsteht ein Vertrauensverhältnis, welches den Orientierungsprozess im besten Fall beschleunigt. Ich sehe meine Rolle auch darin, die Teilnehmenden zu bestärken, den Weg zu verfolgen, der heute zu ihnen passt – gerade, wenn es holprig wird.

Was würdet ihr euch für die nächsten Monate im Projekt wünschen?

Pia: Dass die Coaches – sinnbildlich gesprochen – nun den Ball aufnehmen und sich aktiv am Spiel beteiligen. Dazu gehören beispielsweise Experimente wie Gespräche mit Berufsleuten im gewünschten Feld, Job Shadowing, LinkedIn-Anfragen, Shortlists von gewünschten Arbeitgebern und vieles mehr. Aha-Erlebnisse im Spiel des verdeckten Arbeitsmarktes. Ich wünsche den Coachees Ausdauer und Vertrauen, dass es in ihrem Sinne gut kommt; und von Loopings, dass ihr das Programm agil anpassen könnt, falls sich veränderte Bedürfnisse zeigen.

Antonia: Ich fände es gut, noch etwas mehr Zeit für die Arbeit mit meinem zweiten Coachee zu haben.

In der Zeit der Neuorientierung braucht es viele Gelegenheiten zur Reflexion.

Antonia Jann

Und zum Schluss: Was ist euer persönliches Ziel oder eure Vision für dieses Pilotprojekt?

Pia: Von der öffentlichen Hand wünsche ich mir, dass Umstiege für reife Menschen aktiv ermöglicht werden. Es darf nicht sein, dass ich zum Beispiel von der RAV-Beratung so rasch wie möglich in denselben Beruf gebracht werde, wenngleich die Aussichten dort mittelfristig nicht tragen. Das ist volkswirtschaftlich teurer als das Ermöglichen einer lebenslangen Laufbahngestaltung.

Antonia: Ich würde mich sehr freuen, wenn meine beiden Coachees in ihrem Leben und in ihrer beruflichen Neuorientierung einen deutlichen Schritt weiterkommen. Und ich würde mich freuen, wenn das Thema der Neuorientierung in der zweiten Berufshälfte mehr Selbstverständlichkeit hätte in unserer Gesellschaft.

Vielen Dank, liebe Pia und liebe Antonia!

Weiterführende Infos

Alle Infos zum Pilotprojekt «Ressourcen-Sprungbrett für den Quereinstieg» findet ihr hier.

Ressourcen-Sprungbrett für den Quereinstieg

Das «Ressourcen-Sprungbrett für den Quereinstieg» unterstützt stellensuchende und ausgesteuerte Personen im Alter zwischen 45 und 60 Jahren mit verschiedenen Modulen und Netzwerkmöglichkeiten auf ihrem Weg zu einem Quereinstieg, um so den Sprung zurück ins Arbeitsleben zu schaffen.
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