«An meiner Geschichte kann man sehen, wie schnell es vorbei sein kann.» Igor Hürlimann war Fussballprofi, bis ihn eine Verletzung zum Umsatteln zwang. Er wurde Kundenberater und ist dann unverhoffter Dinge Gärtner geworden. Und ist glücklich mit seinem Neustart.
Es war eigentlich in beiden Fällen ein Zufall. Ich sehe die Arbeit als Kundenberater eher als Parallele zum Spitzensport. Durch meinen Beruf als Fussballer lernte ich viele Menschen mit unterschiedlichen Charakteren und aus verschiedenen Kulturen kennen. Man muss sich vorstellen, dass es in einer Junioren-Garderobe von nur 20 bis 30 m2 wie in einem Haifischbecken zugeht. Wer sich da behaupten kann und sich einen Platz erobert, ist fürs Leben gut gerüstet. Der Kundenberater war danach relativ naheliegend, weil ich gelernt hatte, gut auf Menschen einzugehen. Und nach einer Verletzung musste ich umsatteln. Der Job als Gärtner kam wegen Corona zustande. Inzwischen habe richtig Freude, als Gärtner zu arbeiten. Ich habe gemerkt, es tut mir gut, körperlich aktiv zu sein, das gibt mir eine innere Zufriedenheit. Das war mir lang nicht bewusst. Das ist auch wieder eine Parallele zum Sportler.
Nein, definitiv nicht. Mein grüner Daumen war gefühlt gleich null. Im Vorstellungsgespräch habe ich meinem Chef gesagt, dass ich keine Ahnung von Gartenarbeit habe. Ich war zwar motiviert und konnte anpacken, aber mehr auch nicht. Vor meinem ersten Arbeitstag hatte ich denn auch etwas Bedenken. Inzwischen bin ich seit fast einem Jahr dabei und mache nicht nur Hilfsarbeiten und es macht mir sehr viel Spass. Ich erlebe die Gartenarbeit in meiner jetzigen Zeit bei Schatt Gartenbau GmbH als wunderbare Arbeit. Es ist für mich fast zu einer Leidenschaft für mich geworden.
Da möchte ich sicherlich die Disziplin hervorheben. Aber der Spitzensport bietet eine Lebensschule, von der ich immer wieder profitieren kann. Schon als kleiner Bub wusste ich, dass ich Fussballer werden wollte. Dass es für eine Fussballkarriere sehr viel Durchhaltewillen braucht, war mir immer klar. Ausgehen war für mich in der Teenagerzeit kein Thema. Ich habe dem Fussball alles untergeordnet.
Eigentlich habe ich mir darüber nie viele Gedanken gemacht. Aber an meiner Geschichte kann man sehen, wie schnell es vorbei sein kann. Die Verletzung hat mir von einem Tag auf den anderen alles kaputt gemacht. Deshalb würde ich jungen Talenten raten, sich ein zweites oder drittes Standbein aufzubauen. Heutzutage gibt es mehr Möglichkeiten als früher. Wir waren die ersten, die die United School of Sports besucht haben, als diese noch ganz neu und klein war.
Nach dem Profisport wollte ich eigentlich finanziell unabhängig sein. Dies schaffen aber nur die Wenigsten. Mittlerweile will ich einfach Freude an meiner täglichen Arbeit haben und mit meiner Familie ein mehr oder weniger sorgenfreies Leben haben. Ausserdem ist es für mich extrem wichtig, dass ich mich in einem Job wieder körperlich betätigen kann. Ich sehe dieses Arbeiten als Ganztagestraining. Das tut mir gut. Und ich finde es schön, dass ich als Gärtner jeden Abend sehen kann, was ich geleistet habe.
Nein, es war jedes Mal ein Sprung ins kalte Wasser, weil ich mich eigentlich nur auf dem Fussballplatz so richtig wohl fühlte. Als Hilfsgärtner habe ich nicht so recht gewusst, was mich erwartet. Ich habe gerne eine gewisse Sicherheit, damit ich weiss, was ich zu tun habe. Auch beim Kundenberater war das am Anfang nicht so einfach. Ganz anders auf dem Fussballplatz, da ist mein Zuhause und meine Heimat.
Es ist etwas ganz anderes. Aber Ich finde, dass beide Seiten Vor- und Nachteile haben. Als ich als Kundenberater angefangen habe, haben mir der Kundenkontakt, die Gespräche, aber auch das Reisen sehr gut gefallen. Ich kann nicht den ganzen Tag in einem Büro sitzen. Der Vorteil war, dass ich auf viele Dinge nicht mehr verzichten musste. Ich konnte das Leben geniessen, ausgehen und vieles nachholen. Im Fussball lebt man in einer ganz anderen Welt.
Ich war wegen Corona in Kurzarbeit und nach ein paar Monaten fiel mir die Decke auf den Kopf. Ich kontaktierte einen Freund, der Temporär-Stellen im Baubereich vermittelt und ein paar Tage später fing ich bei Schatt Gartenbau GmbH an.
Die Arbeit ist körperlich sehr anstrengend und sehr abwechslungsreich – vom Rasenmähen über das Schneiden von Bäumen bis zum Verlegen von Platten. Das gefällt mir sehr. Ausserdem sieht man am Ende des Tages, was man geleistet hat. Ein sehr gutes Gefühl.
Ich bin «back to the roots» gegangen und habe jetzt auch noch als Junioren-Fussballtrainer begonnen. Mal sehen, wohin mich die Reise führt.
Eine Ausbildung zum Gärtner könnte ich mir schon auch vorstellen. Als Familienvater habe ich aber auch die finanzielle Komponente im Blick, die zum Problem werden könnte.
Eher nicht. Es ist aber so wie es ist und ich bereue nichts. Es hat mich zu dem gemacht, der ich heute bin. Und ich bin sehr zufrieden mit meinem jetzigen Leben.