Ihr wolltet schon immer mal wissen, wie es bei der Bundesverwaltung so zu und her geht? Simona Ingold vom Partner Eidgenössischen Personalamt (EPA) erzählt uns im Interview, welche Herausforderungen sie gerade beschäftigen, welche Themen für sie in naher Zukunft im Fokus stehen und was das EPA für seine langjährigen Mitarbeitenden bereits heute anbietet.
Die Arbeitgeberin Bundesverwaltung fördert das lebenslange Lernen und eine nachhaltige Entwicklung der Mitarbeitenden während der gesamten Beschäftigungsdauer, unabhängig von Alter, Geschlecht oder Beschäftigungsgrad. Das heisst natürlich auch von Mitarbeitenden in der zweiten Lebenshälfte.
Diese machen mehr als die Hälfte des Personals der Bundesverwaltung aus – Tendenz steigend. Grund dafür ist vor allem die demographische Entwicklung. Somit ist diese Gruppe von Mitarbeitenden zentral für die Organisation. Wir ermöglichen mit der Realisierung von Entwicklungsbedürfnissen, dass sie ihre Arbeitsmarkfähigkeit beibehalten und dadurch weiterhin motiviert und engagiert im Arbeitsprozess verbleiben. Eine Win-win Situation.
Das Generationenmanagement der Bundesverwaltung basiert auf dem Ansatz der lebensphasenorientierten Personalarbeit. Dieses berücksichtigt, dass je nach Lebens- und Berufsphase, in der sich die Mitarbeitenden gerade befinden, unterschiedliche Ziele, Bedürfnisse und Herausforderungen im Vordergrund stehen. Dafür schaffen wir für die Mitarbeitenden und Führungskräften geeignete Rahmenbedingungen und stellen ihnen Instrumente zur Verfügung, welche sie im Alltag einsetzen können. Konkret:
Flexible Arbeitsbedingungen. Die Mitarbeitenden der Bundesverwaltung sollen ihr ausserberufliches Engagement bestmöglich mit ihrer Arbeit vereinbaren können. Dazu bieten wir flexible und attraktive Arbeitsbedingungen bezogen auf Arbeitszeitmodelle (z. B. Jahresarbeitszeit oder die Möglichkeit der Vertrauensarbeitszeit), Arbeitsort (mobiles Arbeiten, z.B. von zuhause aus oder bei Kundinnen und Kunden) und Ferien (5 Wochen für alle, 6 Wochen ab dem 50. und 7 Wochen ab dem 60. Altersjahr).
Zukunftsgespräch. Führungskräfte können mit ihren Mitarbeitenden in der zweiten Berufshälfte ein strukturiertes Gespräch führen. Ziel dabei ist vor allem, die beruflichen Perspektiven und Wünsche der Mitarbeitenden zu ermitteln und die letzte berufliche Phase gemeinsam zu planen.
Standortbestimmungen. Wo stehe ich und wo möchte ich hin? Zur Beantwortung dieser Fragen können die Mitarbeitende eine professionelle Standortbestimmung vornehmen. Dazu bieten wir ihnen internen Kurse an – einer davon spezifisch für die Zukunftsplanung in der Lebensmitte. Zudem gibt es in der Bundesverwaltung einen Coaching-Pool für zeitlich begrenzte und lösungsorientierte Begleitungen.
Bogenkarriere. Die Arbeitgeberin Bundesverwaltung ermöglicht den Mitarbeitenden ab 58 Jahren einen flexiblen Übergang in den Ruhestand. Dabei können sie den massgebenden Jahreslohn um maximal 50 Prozent reduzieren (bspw. durch Reduktion des Pensums oder Abgabe von Verantwortung) und den bisherigen Vorsorgeschutz auf ihr Verlangen beibehalten. Parallel dazu können Mitarbeitende im Rahmen der Nachfolgeplanung und des Wissensmanagements ihre Kompetenzen für künftige Aufgaben weiterentwickeln.
Flexible Pensionierung. Mit dem vollendeten 60. Altersjahr können Mitarbeitende in Absprache mit ihren Vorgesetzten einmalig oder in mehreren Schritten ihren Beschäftigungsgrad reduzieren und erhalten eine entsprechend angepasste Teil-Altersrente.
Arbeiten nach dem AHV-Alter. Frauen haben in der Bundesverwaltung Anspruch bis zum 65. Altersjahr zu den gleichen Anstellungsbedingungen weiterarbeiten zu können. Auch ist es allen Mitarbeitenden (Frauen und Männer) im gegenseitigem Einvernehmen möglich, bis zum vollendeten 70. Altersjahr weiterzuarbeiten und auf Wunsch die berufliche Vorsorge bis dahin weiterzuführen.
Pensionierungsvorbereitung. Den Mitarbeitenden steht ein Pensionierungsvorbereitungskurs zur Verfügung, der sie bei der bewussten Gestaltung ihrer nachberuflichen Lebensphase unterstützt. Speziell daran: Es nehmen explizit und kostenlos auch die Partnerinnen und Partner teil. Dies ermöglicht eine ganzheitliche Betrachtung und Planung. Alternativ werden auch Kurse ohne Partner/innen angeboten.
Berufliche Vorsorge. Finanzielle Aspekte spielen in der zweiten Lebenshälfte eine wichtige Rolle. Die Mitarbeitenden der Bundesverwaltung erhalten über ein Online-Portal unserer Pensionskasse (PUBLICA) einen aktuellen Überblick über den Stand ihrer beruflichen Vorsorge. Sie können zudem selbst mit einem Simulationstool ihre Rente, in Abhängigkeit des Austrittszeitpunktes, berechnen. Interne Kurse mit Spezialistinnen und Spezialisten der 1. und 2. Säule, bei denen angeschaut wird, wie die finanziellen Weichen für die Zukunft gestellt sind, respektive wie der Rentenbezug optimiert und geplant werden kann, runden das Angebot ab.
Weiter wird in den Führungsseminaren das Thema Generationenmanagement thematisiert. Das sind zentrale Hilfestellungen und Rahmenbedingungen. Mehrere Departemente und Verwaltungseinheiten bieten zudem weitere spezifische Massnahmen an, wie z. B. das Mentoring und Reverse Mentoring.
Das ist so. Wir sind stolz auf unser Angebot, möchten es aber einfacher an unsere Mitarbeitenden bringen. Das Feedback von Mitarbeitenden und Führungskräften ist, dass das Angebot der Bundesverwaltung mit ihren Bedürfnissen und Herausforderungen übereinstimmt. Sie benötigen nicht wirklich weitere Instrumente – im Gegenteil: Ihnen fehlt es eher an einer einfachen Übersicht. Wir vom Eidgenössischen Personalamt machen die Erfahrung, dass ihnen nicht immer klar ist, wie sie die Angebote anwenden können und wo genau sie Informationen dazu finden.
Eine mögliche Beispielsituation: Eine Führungskraft möchte seiner Mitarbeiterin eine Bogenkarriere ermöglichen – diese plant im letzten Jahr eine Reduktion des Beschäftigungsgrades auf 60%. Die Führungskraft stellt sich nun die Frage, wie sie die 40% im operativen Geschäft kompensieren kann. Da reicht ein Merkblatt zur Bogenkarriere sehr wahrscheinlich nicht aus, sondern es braucht Praxisbeispiele von Peers und eine entsprechende Beratung durch die HR-Spezialistinnen und -Spezialisten. Ein wichtiger Aspekt hierbei ist auch die Sensibilisierung und Befähigung der Führungskräfte.
Es gibt einen weiteren Punkt, den wir uns in unserer Arbeit als interne Dienstleister/innen immer wieder bewusstmachen müssen: In der Bundesverwaltung arbeiten nicht nur Wissensarbeiter/innen. Es gibt einen nicht zu vernachlässigenden Teil der Mitarbeitenden, der nicht am Computer arbeiten. Diese Mitarbeitende benötigen womöglich andere Zugänge als nur die klassischen digitalisierten Kommunikationskanäle (Intranet, Mail, etc.). Andererseits sind auch nicht alle Rahmenbedingungen und Instrumente, wie z. B. mobile und flexible Arbeitsformen, immer gleich anwendbar. Es ist wichtig, dies bei der Arbeit und Entwicklung von Massnahmen stets zu reflektieren.
Im Zentrum für uns steht aktuell die Frage «Wo und wie suchen die Mitarbeitenden der Bundesverwaltung nach Informationen zu unserem Angebot und auf welche Art möchten sie informiert werden?». Nachdem die Touchpoints klar sind, können wir die entsprechenden Kommunikationsmittel und -wege überprüfen und die Führungskräfte und Mitarbeitende entsprechend sensibilisieren. Inhaltlich sind die zielgruppenorientierte Kommunikation und die Veranschaulichung der konkreten Anwendung unserer Instrumente im Alltag (z. B. mit Storytelling oder Interviews und Praxisberichten) wichtige Zielsetzungen. Ein weiterer Fokus ist die Wissensvermittlung über den persönlichen Austausch. Sowohl zwischen Kolleginnen und Kollegen, zwischen Führungskräften und Mitarbeitenden als auch zwischen Fachspezialisten/innen und Mitarbeitenden / Führungskräften. Der persönliche Austausch ist als Bedürfnis der Mitarbeitenden bei der Information zu unseren Themen aufgekommen. Das macht Sinn, denn die Reflektion über die Gestaltung der eigenen Laufbahn wird stark über Gespräche und das persönliche Umfeld angestossen.
In der Partnerschaft mit Loopings geht das EPA in diesem Jahr genau diese Thematik an. Gestartet mit einer internen Auslageordnung sind wir schnell zu unseren Ausgangsfragestellungen gekommen. «Welche Instrumente möchten bzw. brauchen unsere Mitarbeitende oder Führungskräfte überhaupt?» und «Wie müssen wir diese Informationen am besten übermitteln, darstellen, damit diese ankommen?». Zentral dabei ist, dass wir die unterschiedlichen Bedürfnisse der Mitarbeitenden abdecken können. Die Lösungen erarbeiten wir mit der «Design Thinking Methode». Das gibt uns eine gewisse Flexibilität im Prozess.
Sehr viel. Wir haben es als eine grosse Bereicherung empfunden, direkt von den betroffenen Mitarbeitenden zu hören, was sie beschäftigt, wo ihre Bedürfnisse und Herausforderungen liegen. Sie wiederum haben es als Wertschätzung betrachtet, dass sie im Prozess berücksichtigt werden und sich im Projekt beteiligen dürfen. Wieder: Eine Win-win Situation. Einerseits wird auf diese Weise der «blinde Fleck» in der Fachperspektive verringert und Angebote entwickelt, welche die Mitarbeitenden betreffen und weiterbringen. Andererseits prägt der Einbezug eine vertrauensvolle Kultur. Die Mitarbeitenden erhalten aus erster Hand Informationen zu den Angeboten und können in einem nächsten Schritt als Multiplikatoren – übrigens eine der effizientesten Kommunikationsmassnahme - wirken. Ich empfehle eine Vorgehensweise mit Einbezug der betroffenen Mitarbeitenden sehr.
In der Arbeit bei der Bundesverwaltung ist speziell, dass die Bedürfnisse von Bürgerinnen und Bürgern, der Gesellschaft und der Politik einen wichtigen Einfluss haben. Wie auf einer Achterbahn kann man dann manchmal das Gefühl haben, man steht auf dem Kopf. Aber auf dem Kopf stehen hilft, die Sachen aus unterschiedlichen Perspektiven zu betrachten, was – wie die Perspektivenvielfalt unserer altersdiversen Belegschaft – das Innovationspotential in der Organisation fördert.
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