Wer seinen Arbeitsplatz verliert und trotz intensiver Bemühung keine neue Stelle findet, oder wer mit «Ruhe»stand nicht viel anfangen kann, denkt über die Möglichkeit einer Selbständigkeit nach. Was bei einer geplanten Existenzgründung zu beachten ist und welche Schritte zu einem erfolgreichen Unternehmen führen, lesen Sie in diesem Artikel.
Nicht jeder taugt zum Unternehmer. Wenn Sie sich bisher dabei wohlgefühlt haben, einen festen Arbeitsauftrag zu haben, klare Vorgaben zu bekommen, wie eine Aufgabe erledigt sein soll und einen Arbeitsalltag vorzufinden, der von anderen strukturiert wurde, dann werden Sie sich als Selbständiger vielleicht erstmal schwertun. Rechnen Sie mit einer Phase, in der Sie lernen, wie Sie ohne Vorgaben von Vorgesetzen selbstgesteckte Ziele erreichen.
Unternehmer zu sein bedeutet, mit wechselnden Herausforderungen umgehen zu können, kreative Lösungen zu entwickeln für Probleme, die bisher nicht aufgetaucht waren. Und stark zu sein in mündlicher und schriftlicher Kommunikation. Denn zu Ihren Aufgaben wird es gehören, mit Menschen unterschiedlicher Bildung in Kontakt zu stehen, klar Ihre Vorstellungen zu äussern, zuzuhören und vor allem: zu verkaufen. Nur dann werden Sie in der Lage sein, Geschäfte zu machen.
Als erste Idee werden Ihnen vermutlich die Tätigkeiten einfallen, mit denen Sie bisher Ihr Geld als Angestellter verdient haben. Doch es lohnt sich, noch einmal grundlegend nachzudenken, bevor Sie eine Entscheidung treffen. Was können Sie besonders gut?
Damit meine ich nicht nur die Fähigkeiten, die Ihnen in Zeugnissen bescheinigt worden sind, sondern auch Ihre persönlichen Stärken und Eigenschaften. Dazu gehört der grüne Daumen, ein Gespür für Farben, analytisches Denken, oder ein einfühlender Umgang mit Menschen. Aus der Kombination all Ihrer Kompetenzen und Stärken lässt sich oft eine gute Geschäftsgrundlage ableiten. Das gelingt Ihnen, wenn Sie sich fragen, welche Probleme Sie zu lösen imstande sind und welche Menschen diese Probleme haben.
Doch das allein reicht noch nicht. Die Antwort auf die Frage, ob diese Menschen dieses Problem tatsächlich lösen wollen und ob sie bereit sind, Geld dafür auszugeben, ist eine wesentliche Voraussetzung dafür, damit eine Geschäftsidee keine Luftblase ist, sondern auf Dauer funktioniert.
Die Furcht der meisten Existenzgründer ist, nicht genügend Kunden zu finden. Da gerät mancher in die Versuchung, zu viel in sein Portfolio zu packen und dieses auch noch einer zu breit definierten Klientel anzubieten.
Das Geheimnis ist vielmehr die sogenannte spitze Positionierung, das heisst Problemlöser zu sein für ein ganz spezielles Anliegen einer eng gefassten Zielgruppe. Also zum Beispiel nicht Lebensberatung anzubieten, sondern Beratung für Mütter mit pubertierenden Kindern. Oder Beratung für Grosseltern, die Enkel regelmässig betreuen, weil deren Eltern berufstätig sind. Je spitzer die Positionierung, desto wahrscheinlicher ist es, auch regional entfernte Kunden anzuziehen und diese gut bedienen zu können. Diese Strategie ist vergleichbar mit der Situation eines Menschen, der schwer erkrankt ist. Er würde sich nicht an den Hausarzt um die Ecke wenden, sondern den Facharzt aufsuchen – auch wenn das bedeutet, eine 500 Kilometer weite Reise auf sich nehmen zu müssen.
Auch wenn Sie ihn nicht für ein Gespräch mit der Bank brauchen: Ein Geschäftsplan (Businessplan) ist wichtig. So wie kein Architekt ein Haus ohne einen detaillierten Plan bauen würde, so wenig sollten Sie in Ihre Selbständigkeit starten, ohne sich über grundlegende Entscheidungen im Klaren zu sein.
Was genau wird Ihr Geschäftsfeld sein? Bringen Sie alle fachlichen Fähigkeiten mit, um Kundenanfragen befriedigend erfüllen zu können? Mit welchen Angeboten legen Sie los? Wie erfahren Interessenten von Ihren Produkten? Zu welchen Preisen wollen Sie diese anbieten? Welches ist der richtige Standort? Welche Zielgruppe wollen Sie erreichen? Was wird die Gründung und die erste Zeit danach kosten und wie werden Sie dies finanzieren?
Und nicht zuletzt sollten Sie sich über Unternehmen informieren, die mit ähnlichen Produkten oder Dienstleistungen wie den Ihren am Markt sind. Lassen Sie sich nicht abschrecken, wenn Sie auf Mitbewerber stossen. Ihre Firma ist für potenzielle Kunden dennoch attraktiv, wenn Sie wissen und klar kommunizieren, in welchen Punkten sich Ihr Angebot von denen der Mitbewerber unterscheidet. Deren Adressen, Angebote und Werbestrategien gehören auf jeden Fall in den Geschäftsplan.
Um zu errechnen, welchen finanziellen Grundstock Sie für die Gründung benötigen, sollten Sie alles (wirklich alles!) vom PC bis zum Handfeger auflisten. Gerade diese Kleinigkeiten werden gerne vergessen, obwohl sie sich am Ende zu beachtlichen Beträgen summieren. Dazu addieren Sie die Kosten für Ihre Lieferanten, für die Dienstleister, die die Website erstellen, für Versicherungen und die Geschäftsausstattung. Kalkulieren Sie nicht zu knapp. Besonders, wenn Sie über eine Finanzierung über eine Bank nachdenken, sind handfeste Zahlen eine Voraussetzung. Es würde Ihrem Ruf als Geschäftsfrau/Geschäftsmann schaden, sollten Sie nachverhandeln müssen, weil das Budget sich als zu knapp erweist. Und es kostet zusätzlich Zeit.
Wenn Sie nicht über das nötige Kapital für die Existenzgründung verfügen, heisst das noch lange nicht, dass Sie dann Ihr Vorhaben nicht in die Tat umsetzen können. Für die Anschaffung von Maschinen, die Ausstattung von Räumen, aber auch für eine Betriebsübernahme und vieles mehr stehen unterschiedliche Fördermöglichkeiten zur Verfügung.
Eine besondere Rolle spielt hierbei die KFW-Mittelstandsbank, die ein Förderprogramm aufgelegt hat und auch die EU, die zinsvergünstige Kredite vergibt. Die meisten Fördermittel werden jedoch nur in Zusammenarbeit mit der Hausbank vergeben. Es lohnt sich, vor der Antragstellung mit einem kompetenten Berater zu sprechen, um einen formgerechten Antrag zu formulieren.
In der Schweiz gibt es zudem eine Übersicht über die staatliche Unterstützung bei der Finanzierung sowie eine Adressliste der Wirtschaftsförderungsstellen der Kantone unter diesem Link: Finanzierung. Personen, die vorab arbeitslos waren, sollten sich ausserdem unbedingt an die Fachstelle für Selbständigkeit des RAV (Regionales Arbeitsvermittlungszentrum) ihres Kantons wenden.
Es gibt Beratungsstellen bei den örtlichen Handelskammern, den Handwerkskammern, den Einrichtungen der regionalen Wirtschaftsförderung und beim RAV. Banken, Steuerberater und Rechtsanwälte bieten ebenfalls persönliche (z.T. auch bezahlte) Information an. Für diejenigen, die am liebsten ein Seminar oder einen Workshop besuchen, stehen Existenzgründertage oder thematische Vertiefungen wie zum Beispiel zu Marketing und Vertrieb oder dem Abfassen des Geschäftsplans zur Wahl. Im Raum Zürich können sich über die Veranstaltungen der Neustarter-Stiftung auf dem Laufenden halten und vernetzen.
Darüber hinaus finden Sie natürlich zu allen Fragen rund um die Existenzgründung Informationen im Internet oder in einer fast unüberschaubaren Menge an Literatur. Diejenigen, die sich am liebsten mit anderen potenziellen Jungunternehmern austauschen wollen, sollten Gründungsstammtische besuchen. Besonders hilfreich sind dabei allerdings nicht solche Kollegen, die im gleichen Stadium der Planung und Entscheidung stehen, sondern diejenigen, die schon einige Schritte weiter sind und von deren Erfahrung Sie profitieren können. Ein solches Netzwerk sollten Sie auf jeden Fall aufbauen, es ist auch in der Zeit nach der Gründung von grossem Nutzen.
Wenn Sie nun tatsächlich gründen, dann wünsche ich Ihnen viel Erfolg!